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Widerstand gegen Abriss Widerstand gegen Abriss: Wird die Rost-Brücke an der B80 doch nicht abgerissen?

Von Oliver Müller-Lorey 07.07.2019, 08:00
Die Stadt will die Brücke über der B 80 abreißen. Doch Widerstand in der Bevölkerung könnte dem noch einen Strich durch die Rechnung machen.
Die Stadt will die Brücke über der B 80 abreißen. Doch Widerstand in der Bevölkerung könnte dem noch einen Strich durch die Rechnung machen. Silvio Kison

Halle (Saale) - Der alten Industriebahn- und Fußgängerbrücke über die Bundesstraße 80 in Neustadt hat wohl doch noch nicht das letzte Stündlein geschlagen. Während die Stadt bereits per Ausschreibung nach Firmen sucht, die den Übergang aus dem Jahr 1970 so schnell wie möglich abreißen sollen, regt sich Widerstand gegen diesen Plan im nahen Nietleben.

Geplanter Abriss der Rost-Brücke an der B80 regt Widerstand

Andreas Leopold, Vorsitzender des Heimatvereins in dem nordwestlichen Stadtteil, erfuhr aus der MZ von den Abriss-Plänen und wunderte sich mächtig. „Wir als Verein haben vor einigen Wochen einen Antrag bei der Denkmalschutzbehörde gestellt, die Brücke unter Denkmalschutz stellen zu lassen“, sagt er. „Solange da nichts entschieden ist, wird überhaupt nichts abgerissen.“

Bei der Brücke handle es sich um die letzten Überbleibsel einer Art Seilbahn, mit der früher Kalk aus dem nahen Kalksteinbruch südlich der B 80 ins Zementwerk nach Granau transportiert wurde. Die Fabrik, die heute mit Wohnhäusern überbaut ist, sei 1973 stillgelegt worden. Daher sei auch die Seilbahn nicht mehr nötig gewesen. „Alles wurde damals abgebaut, nur die Brücke blieb stehen“, weiß Leopold.

Die Brücke diente einst dazu, Kalk aus dem Steinbruch in die „Portlandzementwerke Saale“ zu befördern, wie der Nietlebener Heimatverein herausgefunden hat. Bereits im Jahr 1910 wurde die Fabrik gebaut und ein Jahr später in Betrieb genommen - damals hochmodern: „Wie auf allen Gebieten der Industrie hat die Technik auch auf dem der Portlandzementfabriken immense Fortschritte gemacht.

Besonders die Erfindung des Drehofens hat eine Ersparnis an Arbeitskräften herbeigeführt“, heißt es in einem zeitgenössischen Text. In den Folgejahren wurde die Fabrik mit Schornsteinen, Arbeiterhäusern und sogar einem Sprengstofflager ausgebaut. Nach dem Krieg folgte der Übergang ins Volkseigentum, bis das Zementwerk im Jahr 1973 stillgelegt wurde.

Rost-Brücke: Einzig Überbleibsel der Industriebahn in der weiteren Umgebung

Kein Wunder. Sie ist der einzige Weg von Neustadt bis zum ehemaligen Kalksteinbruch, in dem heute gerne gebadet wird. Sollte die Brücke tatsächlich abgerissen werden - einen Ersatz plant die Stadt nicht - müssten die Neustädter weite Wege über die Weststraße oder die Friedhofskreuzung in Kauf nehmen, um zum See zu gelangen.

Doch für Leopold ist etwas anders viel wichtiger. Die Brücke sei, soweit er wisse, das einzige Überbleibsel einer solchen Industriebahn in der weiteren Umgebung. Sie stelle auf jeden Fall ein Industriedenkmal da. Dass sie saniert werden muss, weil sie rostet, sehe aber auch er ein. Die Stadtverwaltung sieht das anders. Auf die Frage, ob die Brücke aus ihrer Sicht denkmaltechnisch schützenswert ist, kommt aus dem Rathaus ein klares Nein. Welche Auswirkungen der Denkmalschutz-Antrag auf den geplanten Abriss hat, wollte die Stadt hingegen nicht sagen. Zuständig sei eine andere Behörde.

Rost-Brücke: Denkmal - kein Denkmal, das ist die Frage zum Abriss

Zunächst ist das das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie, bei dem der Denkmalschutz-Antrag vorliegt. Das bestätigt Amtssprecher Alfred Reichenberger. „Der Antrag wird derzeit geprüft. Bis Mitte Juli soll eine Stellungnahme vorliegen“, sagt er. Das Ergebnis dieses Gutachtens teile das Amt dann der Stadt Halle mit, erklärt Denise Vopel, Sprecherin des Landesverwaltungsamtes. Sieht das Landesamt kein Denkmal in der Brücke, könne die Stadt es abreißen.

„Falls das Gutachten eine Denkmalwürdigkeit feststellt, und die Stadt die Brücke dennoch abreißen will, muss sie einen Antrag bei der oberen Denkmalschutzbehörde stellen“, sagt Vopel. Diese obere Denkmalschutzbehörde ist das Landesverwaltungsamt. Ein komplizierter Weg, der aber am Ende zum Erhalt der Brücke beitragen könnte, hofft Leopold. Zumindest bis über all die Anträge entschieden sei, sei die Brücke sicher. (mz)