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Wenige Tage nach Anschlag von Halle entstanden  Wenige Tage nach Anschlag von Halle entstanden : Bilder gegen den Hass

Von Denny Kleindienst 07.10.2020, 13:30
Nele Kruber und Balthasar Dreßler gehören zu den Schülern, die ihre Gedanken zum Attentat in Bildern verarbeitet haben.
Nele Kruber und Balthasar Dreßler gehören zu den Schülern, die ihre Gedanken zum Attentat in Bildern verarbeitet haben. Denny Kleindienst

Halle (Saale) - „Ich glaube, jeder von uns hat seine Gedanken dazu“, sagt Nele Kruber. Wenige Tage nach dem Attentat von Halle am 9. Oktober 2019, bei dem zwei Menschen getötet, zwei weitere verletzt und viele weitere mit dem Tode bedroht wurden, sollten sie und andere Berufsschüler der BBI Trotha ihre Gedanken visualisieren.

Sie sollten mit künstlerischen Mitteln auf das Attentat reagieren. Das sei schwer gewesen, gesteht die 21-Jährige. Sie hat dann ein Bild gemalt, das zeigt, „wie ich Halle sehe - als eine Gemeinschaft und offene Stadt“. In die Mitte ihres Bildes hat sie geschrieben: „Wir sind mehr. Halle ist viel mehr.“

Bilder, „wie die Jugendlichen empfunden haben“

Im Stadtmuseum sind jetzt die 50 Arbeiten der Berufsschüler zu sehen. Darunter sind auch sehr naive Darstellungen, die sie an Märchen erinnere, sagt Direktorin Jane Unger. Doch aus ihrer Sicht zeigen diese Bilder, „wie die Jugendlichen empfunden haben“.

Auf einem der Plakate steht etwa: „Halle ist funky und fresh und scheißt auf Rechts.“ Sie selbst würde das nie so sagen, erklärt Unger, doch im Grunde stimmt sie der Aussage zu. Auf vielen der Bilder sind Botschaften für ein friedliches Miteinander zu lesen. Manche zeigen aber auch Dämonen oder den Attentäter im Höllenfeuer. Auf einem Plakat ist der Stadtplan von Halle angedeutet, drumherum sind einige offenbar typisch hallesche Dinge zu sehen: Hallorenkugeln, die Bewaffel-dich-Waffel und das Beatles-Museum.

„Es hat sich normalisiert.“

Gezeigt werden die Bilder bis Ende November. Das Stadtmuseum hat sie bewusst im Ausstellungsabschnitt über die jüdische Gemeinde in Halle aufgehangen. Einige der Plakate gibt es auch als Postkarte. Die Direktorin weist zudem daraufhin, dass die Plakate in die Sammlung des Stadtmuseums aufgenommen werden.

Nele Kruber sagt, sie könne jedem nur empfehlen, seine Gedanken zu visualisieren. Sie selbst habe sich dadurch mit dem Attentat auseinandergesetzt. Sie wohnt im Paulusviertel, wo sie sich immer sehr wohl und sicher gefühlt habe. Dieses Gefühl gelte für sie nicht mehr uneingeschränkt seit dem 9. Oktober. Auch wenn sei sagt: „Es hat sich normalisiert.“ Auf dem Plakat von Balthasar Dreßler steht: „Nazis essen heimlich Döner. Aber mit ohne scharfe Soße. Bitte!“

Emotionen erst zwei Tage später

Der 21-Jährige erklärt, die rechtsextreme Weltanschauung sei für ihn unlogisch. Die Schüsse des Attentäters habe er gehört und dachte im ersten Moment, dass da jemand Chinaböller gezündet habe. Im Hauseingang gegenüber sah er von seinem Wohnungsfenster aus dann einen Passanten, der versuchte, sich in Sicherheit zu bringen.

Ob er die Polizei rufen solle, habe er den Mann gefragt? Der habe erwidert, sie wurde schon gerufen. Das Überraschende für ihn sei gewesen, dass er seine Emotionen erst zwei Tage später rauslassen konnte. Als er die Kerzen vor der Synagoge sah, habe er sich auf die Mauer gesetzt und geweint. (mz)