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Raum für einen grünen Korridor Warum der Kleingartenverein „Am Küttener Weg“ in Halle im Abriss von leerstehenden Parzellen eine Chance sieht

Kleingartenverein „Am Küttener Weg“ liegt am Rand von Halle. 2011 hat der Rückbau von stark verfallenen Parzellen begonnen. Insgesamt sind rund 60 Gärten verschwunden.

Von Tanja Goldbecher 08.11.2021, 07:30
Vereinschef Reiner Benesch und Gärtnerin Susanne Schlenther zeigen eine neue Bienenwiese in der Kleingartenanlage „Am Küttnerner Weg“.
Vereinschef Reiner Benesch und Gärtnerin Susanne Schlenther zeigen eine neue Bienenwiese in der Kleingartenanlage „Am Küttnerner Weg“. Foto: Silvio Kison

Halle (Saale)/MZ - Mitten in der Kleingarten-Anlage befindet sich eine große Wiese. Junge Pflaumen- und Apfelbäume sind mit einem Strick an Holzpfählen fixiert. Ein Insektenhotel sowie zwei Infotafeln stehen am Rand der Grünfläche. Auf einer Tafel wird erklärt wie Wolken entstehen, auf der anderen warum Blühstreifen für Insekten so wichtig sind.

2011 habe der Rückbau von stark verfallenen Parzellen mit Hilfe von Fördermitteln begonnen

Ursprünglich war auf dem Areal eine Kleingartenparzelle mit einer Laube angelegt. Da diese jedoch jahrelang leer stand, entschied sich der Kleingartenverein „Am Küttener Weg“ dafür, den Garten abzureißen. Das kleine Biotop ist nur ein Beispiel von vielen, wie der Verein verwaiste Gärten heute nutzt. In der aktualisierten Kleingartenkonzeption wird teilweise der Rückbau von verwilderten Gärten empfohlen.

Für Vereinschef Reiner Benesch ist der Abriss seit Langem ein Thema. „Unsere Anlage befindet sich am Stadtrand. Daher ist sie nicht so nachgefragt, wie Anlagen, die sich in der Nähe von innerstädtischen Wohngebieten befinden“, sagt er. 2011 habe der Rückbau von stark verfallenen Parzellen mit Hilfe von Fördermitteln begonnen.

Insgesamt sind rund 60 Gärten verschwunden und schaffen „grünen Korridor“

Vor allem die Gärten, die an die Gottfried-Keller-Straße grenzen, seien stets schwierig zu verpachten gewesen. Viele der alten Lauben und Beete sind dort verschwunden. Wer durch den Metallzaun schaut, sieht eine große Grünfläche, für die nun die Stadtverwaltung wieder verantwortlich ist. Der Verein pflegt sie aber weiterhin.

Insgesamt sind rund 60 Gärten verschwunden. Da viele aneinander grenzten, ist eine 5.500 Quadratmeter große Freifläche entstanden, die sich bis zum Zentrum der Anlage erstreckt. Die Vereinsmitglieder nennen das Areal den „grünen Korridor“. Perspektivisch sollen dort ebenfalls Obstbäume gepflanzt werden und ein begehbares Insektenhotel entstehen. „Stadtkinder, die sonst nur auf Spielplätzen toben, können hier einen Zugang zur Natur finden“, sagt Susanne Schlenther.

Abriss von Parzellen neue Chance für Kleingartenanlage

Sie hat mit ihrer Familie im vergangenen Jahr einen Garten in der Anlage gepachtet und sich sofort an der Umgestaltung der frei gewordenen Gärten beteiligt. Neben dem grünen Band gibt es in der Anlage nun auch eine Werkstatt, einen Mustergarten sowie einen Garten der Begegnung. Außerdem sind ein Mehrgenerationen-Garten und ein Teil-Garten geplant, für alle, denen die Arbeit allein zu viel werden würde.

Vier alte Gärten sollen noch verschwinden. Aktuell sind 94 Prozent der Parzellen verpachtet. „Die Kleingarten-Anlagen müssen sich wandeln“, sagt Schlenther. Die ökologische Bildung und der öffentliche Zugang seien sehr wichtig.

Vereinschefin geht davon aus, dass einige Pächter ihre „Corona-Gärten“ wieder abgeben

Als Teil des öffentlichen Grüns sind die Kleingarten-Anlagen sogar verpflichtet, für Spaziergänger zu öffnen. Ein MZ-Leser hatte jüngst kritisiert, dass die Anlagen am Bergschenkenweg und am Galgenberg verschlossen sind. „Unser Haupttor ist im Sommer tagsüber offen“, sagt Anja Pschera, Vereinschefin des Kleingartenvereins „Am Galgenberg 1“. Rückbau ist dort kein Thema. In ihrer Anlage gibt es 478 Parzellen – alle vermietet. „Die Nachfrage ist auch schon vor Corona gestiegen“, sagt Pschera.

Sie führe eine Warteliste. Die Vereinschefin geht aber davon aus, dass einige Pächter – wie sie sagt – ihre „Corona-Gärten“ wieder abgeben. „Wir laden die Pächter aber zunächst ein, um über die Pflege der Gärten zu sprechen.“ Der Stadtverband der Gartenfreunde will an diesem Mittwoch ab 10 Uhr in der Freifläche des Kleingartenverein Am Mühlrain fünf Laubbäume pflanzen. Der Verband plant in den kommenden Jahren insgesamt 500 junge Bäume einzusetzen.