War Halle einst eine Hochburg der Kelten?
HALLE/MZ. - Diese kühne These wagt Prof. Horst Claassen vom Institut für Anatomie und Zellbiologie der Uni Halle. Und der 55-Jährige bringt das Weltbild der Hallenser noch weiter ins Wanken. Er stützt die These von Namensforscher Jürgen Udolph, der kürzlich behauptete, dass der Stadtname Halle und das einst so wertvolle Salz der Region miteinander nichts zu tun haben (MZ berichtete).
Ernennung zum Professor
Im Großen Hörsaal des Anatomie-Instituts wurde Claassen am Freitag feierlich von Prof. Friedrich Paulsen, Vorstand bei der Deutschen Anatomischen Gesellschaft, zum Professor ernannt. Wie es zur Tradition gehört, hielt der gebürtige Coburger gleich im Anschluss seine Antrittsvorlesung. Doch der Titel "Anthropologische und vergleichend-anatomische Untersuchungen an Skeletten aus hallstattzeitlichen Grabhügeln" ließ kaum ein brisantes Thesenwerk erahnen.
Der Humanmediziner, der ab 1979 Anthropologie in München studierte, später ein zweites Mal habilitierte, ist ausgewiesener Experte für Skelettfunde der älteren Eisenzeit. So nahm er im Zuge der Erweiterung des Rhein-Main-Donau-Kanals in der 80er Jahren an den bekanntesten hallstattzeitlichen Grabhügel-Untersuchungen in Bayern teil. "Die hallstattzeitlichen Menschen waren Vorkelten. Sie lebten ungefähr 800 bis 500 Jahre vor Christi". Claasens Theorie: Ihr Gebiet erstreckte sich von Prag bis Paris, vom Alpenrand bis zur Rhön. Auch im thüringischen Erfurt und Suhl wurden Gräber gefunden. "Der Gedanke liegt nun nah, dass der keltische Einfluss bis Sachsen-Anhalt reichte. Die Kelten selbst haben den Salzabbau beherrscht und vielleicht sogar erfunden. Sie waren dann die ersten in Halle", sagt Claasen. Selbst die Burg Giebichenstein könnte keltischen Ursprungs sein und als Bollwerk gegen die Germanen gedient haben. Die Burg gleiche jedenfalls stark der Festung Marienburg in Würzburg, die nachgewiesen aus dieser Zeit stammt.
Warten auf die Sensation
"Wenn man hierzulande Grabhügel aus keltischer Zeit fände, wäre das eine Sensation", sagt Claasen, der im Uni-Institut derzeit Zellversuche an menschlichen Knorpelgelenken anstellt. Auch, um herauszufinden, warum Frauen ab der Menopause verstärkt zur Knochenkrankheit Arthrose neigen. Wenn es aber doch passiert, dass die Archäologen hierzulande einen hallstattzeitlichen Grabhügel finden, dann gebe es für ihn wieder Knochenarbeit.