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Vogelweide Halle Vogelweide Halle: Stadt plant Schließung von Wochenmarkt

Von Melain Müller 20.10.2013, 20:44

Halle/MZ - Etwas verlassen und im strömenden Regen steht ein Sockenstand vor dem Edeka-Markt an der Vogelweide in Halle. Socken-Lutz ist jeden zweiten Dienstag hier, auch wenn es Bindfäden regnet. Aber andere Händler kommen immer seltener, manche gar nicht mehr. Ein Grund, so Socken-Lutz, der eigentlich Lutz Machacek heißt, sei die gestiegene Standmiete. „Danach dünnte der Wochenmarkt zusehends aus.“ Tatsächlich hat die Stadt 2011 die Miete von 60 Cent pro Quadratmeter und Tag auf 1,40 Euro angehoben. Ein weiterer Grund für das Fernbleiben der Händler - der Wochenmarkt könnte im kommenden Jahr ganz verschwunden sein.

Denn die Stadt plane die Schließung des Marktes, weil er nicht wirtschaftlich sei, so Markus Folgner. Der stellvertretende Stadtsprecher verweist jedoch darauf, dass die Entscheidung erst durch den Stadtrat gefällt würde.

„Ohne Markt geht ein Stück Lebensqualität verloren“

Socken-Lutz ist sich aber sicher, dass der Wochenmarkt Vogelweide zum Jahresende schließt. Ein Hinweis ist die jährliche Ausschreibung der Standplätze im Amtsblatt, wie er meint. In der Marktsatzung der Stadt ist nachzulesen, dass den Händlern bis spätestens September die Plätze für das kommende Jahr zugewiesen werden. Im Amtsblatt vom 29. Juni dieses Jahres können sich Händler wie Socken-Lutz jedoch nur noch auf Standplätze auf den Wochenmärkten am Marktplatz und in Halle-Neustadt bewerben. Die Vogelweide taucht nicht mehr darin auf.

„Ohne den Markt geht den Menschen hier ein Stück Lebensqualität verloren“, meint er. Und während er allein auf dem Markt steht kommt eine alte Dame, die extra aus der Bahn ausgestiegen ist, weil sie den Stand gesehen hat. Sie kaufe ihre Socken nur hier, sagt sie. Darauf ist Machacek stolz, denn die Leute kennen ihn und setzen darauf, dass er regelmäßig kommt.

Aber der Markt macht Verluste. Im Durchschnitt stehen 1,6 Händler an der Vogelweide. Ausgelegt ist der Markt jedoch für 15. Die Einnahmen aus den Standmieten reichen nicht, um die städtischen Ausgaben für Personal und Reinigung zu decken.

Auf der anderen Saaleseite stehen die Händler auf dem Markt in Halle-Neustadt. Der macht laut Haushaltsplan Gewinn und soll bleiben, möglicherweise mit einer neuen Betreiberform, wie Markus Folgner sagt. Aber auch hier stehen im Schnitt nur 15 anstatt der möglichen 30 Händler auf dem Platz. Und denen geht es finanziell auch nicht gut.

„Die Zeiten sind schwierig geworden"

Sven Handwerg ist fünf Tage die Woche hier, verkauft Haushaltsartikel und verschiedenes anderes. Er sieht seine Zukunft nicht mehr auf dem Markt. „Das war’s für mich. Ich höre auf.“ Nach 15 Jahren bewirbt er sich auf Jobs. Denn: „Ich lebe nur noch von der Hand in den Mund.“ Er hat die Lust an der Arbeit verloren. Die Leute kaufen immer weniger, kommen immer seltener, sie gehen lieber in die Supermärkte, sagt Handwerg. So will er nicht weitermachen. Sein Kollege ein paar Stände weiter verkauft Gardinen. Vu-Minh-Chien sieht, dass die Kunden immer älter werden, junge Menschen kaufen bei ihm keine Gardinen mehr.

„Die Zeiten sind sehr schwierig geworden, die Kunden werden weniger“, sagt der 44-Jährige, der bereits seit 20 Jahren Gardinen verkauft. Aber er will bleiben.

Einige Besucher des Marktes in Halle-Neustadt kommen gerne und auch regelmäßig. So wie Horst Körner. Während der 81-Jährige den Blick über den Markt schweifen lässt, holt seine Frau das Mittagessen. „Einmal in der Woche kommen wir hierher“, so Körner. Dann laufen die beiden - meist so um die Mittagszeit - eine Runde auf dem Markt und kaufen Kleinigkeiten wie dieses Mal Blumen. Auf dem Rückweg gibt es dann noch ein warmes Essen.