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Kampf im Charlottenviertel Verkauf im Charlottenviertel:

Von Dirk Skrzypczak 22.04.2017, 09:00
Christian Schunke (links) und Nils Schumann-Bischoff pflegen am „LaBim“ das Grundstück. Im Objekt wollen sie bleiben.
Christian Schunke (links) und Nils Schumann-Bischoff pflegen am „LaBim“ das Grundstück. Im Objekt wollen sie bleiben. Holger John

Halle (Saale) - In Halles Charlottenviertel hat die Stadtbau AG aus Leipzig große Pläne. „Wir wollen ein modernes Quartier schaffen, in dem Wohnen als auch Arbeiten möglich sind“, hatte Unternehmenssprecherin Ildikó Jakisch vor wenigen Tagen gegenüber der MZ erklärt.

Da war nach einer Anfrage der SPD-Stadtratsfraktion bekanntgeworden, dass Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) sieben städtische Brachflächen am 10. Juni 2016 an den Investor aus Leipzig verkauft hatte - ohne Wissen des Stadtrats.

Allerdings haben OB und die Stadtbau AG ihre Rechnung ohne das alternative Jugendzentrum „LaBim“ gemacht, das ein privates Grundstück im Charlottenviertel nutzt.

Verkauf im Charlottenviertel in Halle (Saale): LaBim kündigt Widerstand gegen Kauf durch Leipziger Investor an

„Der Entwicklungsplan für das Quartier macht nur Sinn, wenn die Stadtbau AG auch alle freien Flächen bekommt. Doch dafür müsste sie ebenfalls die Privatflächen erwerben“, sagt Christian Schunke vom Verein „Plan3“, der das „LaBim“ am Töpferplan betreibt.

Wie ein Fels in der Brandung steht das Gebäude mit dem Jugendtreff in dem Gebiet, umzingelt von den Stadtbau-Grundstücken. „Wir werden jedenfalls nicht verkaufen“, kündigt Schunke Widerstand an - während „Plan3“ mit einer Petition im Internet Unterstützer für den Erhalt des „LaBim“ sammelt - über 2.500 Personen haben schon ihre Solidarität bekundet.

„Plan3“ gehören 20 Prozent am 1.500 Quadratmeter großen Grundstück mit dem Club, den Rest halten weitere Privateigentümer.

Verkauf im Charlottenviertel in Halle (Saale) zieht immer größere Kreise

Unterdessen zieht der Verkauf der städtischen Flächen an die Stadtbau AG immer größere Kreise. Im nicht öffentlichen Teil des Finanzausschusses hat SPD-Fraktions-Chef Johannes Krause nach MZ-Informationen angekündigt, das Landesverwaltungsamt einzuschalten und um eine rechtliche Prüfung der Grundstücksverkäufe bitten zu wollen.

Die Verwaltung sieht sich im Recht und verweist auf die Wertgrenze von 250 000 Euro - bis zu dieser Höhe darf der OB derartige Geschäfte selbst abwickeln, ohne den Rat zu fragen. Und jedes einzelne Grundstück, hatte die zuständige Beigeordnete Judith Marquardt auf MZ-Nachfrage erklärt, habe unter dieser Grenze gelegen.

Verkauf im Charlottenviertel in Halle (Saale): Schaltet sich nun das Landesverwaltungsamt ein?

Im Stadtrat fragt man sich allerdings, ob der Millionendeal nicht im Paket gesehen werden muss - zumal der Verkauf an einem Tag abgewickelt wurde.

Der SPD-Landtagsabgeordnete Andreas Schmidt hält es daher für zwingend, dass sich das Landesverwaltungsamt einschaltet, wie er in einer Pressemitteilung erklärt. Und der Stadtrat sei gehalten, zu prüfen, „ob ein strafbarer Fall von Untreue des Hauptverwaltungsbeamten vorliegt“.

Dass die Stadt ihre Flächen im Charlottenviertel ohne Bieterverfahren an die Stadtbau AG verkauft hat, sorgt nicht nur für politische Diskussionen, auch die Immobilienbranche wundert sich. „Ich könnte auf einen Schlag zehn Projektentwickler nennen, die Interesse an dem Gesamtpaket gehabt hätten. Es wusste nur keiner“, sagt der hallesche Immobilienmakler Alexander Retzlaff. Die Kleinteiligkeit der Grundstücke sei zwar ein Problem, „aber alles zusammen, daraus lässt sich schon was machen“. (mz)