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Untreue-Prozess gegen Halles OB Untreue-Prozess gegen Halles OB: Lauter Absagen für Bernd Wiegand

Von Silvia Zöller 16.06.2017, 11:35

Magdeburg - Es ist eines der Hauptargumente im Untreue-Prozess gegen Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos): Weil er zu seinem Amtsantritt im Dezember 2012  kein Personal innerhalb der Stadtverwaltung und anderer Behörden gewinnen konnte, stellte er Externe für seinen engsten Bereich ein - verbunden mit hohen Gehaltszahlungen, weil er sie sonst nicht hätte gewinnen können. Mehrere Zeugen bestätigten am Freitag bei der Prozessfortsetzung am Landgericht Magdeburg, dass sie dem OB im Vorfeld der Amtsübernahme abgesagt haben.

So berichtete Tobias Teschner, heute Fachbereichsleiter Sicherheit in der Stadtverwaltung, dass er Wiegand 2012 eine Absage erteilt hatte: Der 39-Jährige war damals Leiter des Polizeireviers Nord und hatte kein Interesse, seinen Beamtenstatus gegen eine befristete Anstellung als Referent für Sicherheit beim OB aufzugeben. "Das war für mich eine schwierige Entscheidung", sagte der Zeuge.

"Nicht sehr freundliches" Gespräch mit der damaligen Personalchefin

Bereits im Sommer 2012 sei er von Wiegand angesprochen worden, sein endgültiges Nein habe er etwa vier Wochen vor dem Amtsantritt gegeben. Durch eine Ausschreibung wechselte er 2014 schließlich auf die jetzige -verbeamtete - Stelle.

Auch eine Sachbearbeiterin, die zeitweise im Vorzimmer von Wiegand in dessen Zeit als Dezernent gearbeitet hatte, lehnte einen Job für den Oberbürgermeister ab - mit Rücksicht auf die Familie, wie die Sachbearbeiterin sagte. Sie berichtete auch von einem "nicht sehr freundlichen" Gespräch mit der damaligen Personalchefin Jane Unger, in deren Bereich sie damals eigentlich tätig gewesen war: "Sie war nicht begeistert davon, dass ich dieses Angebot vom OB erhalten hatte."

Leiter der Ausländerbehörde lehnte einen Wechsel ab

Die Sachbearbeiterin habe damals das Gefühl gehabt, dass für Unger dieses Jobangebot an ihre Mitarbeiterin eine Abwerbung gewesen sei.

Von einem weiteren Mitarbeiter der Stadtverwaltung hatte Wiegand ebenfalls einen Korb erhalten: Der Beamte, Leiter der Ausländerbehörde,  lehnte den Wechsel als Leiter des Dienstleistungszentrums Familie ab. "Ich weiß, dass Wiegand damals im Halbstundentakt Termine mit anderen Kollegen gemacht hat", bestätigte er ebenfalls Wiegands Bemühen um Personal. 

Verteidiger von Bernd Wiegand sehen eine Entlastung des Angeklagten

Im Nachgang zum vorangegangenen Verhandlungstermin in der Vorwoche sahen die Verteidiger von Wiegand eine Entlastung des Angeklagten. So hätten die Zeugenaussagen bestätigt, dass der Personalrat damals nicht grundsätzlich gegen die Einstellung der drei engen Mitarbeiter war, sondern nur gegen die Einstufung in hohe Gehaltsgruppe. Nicht Wiegand, sondern der Personalrat habe einem Einigungsvorschlag nicht zugestimmt. "Es gab auch gar kein Mitbestimmungsrecht des Personalrats", wertetet Rechtsanwalt Ralph Heiermann die Aussagen aus. Denn dafür hätte es Voraussetzung sein müssen, das es in der Stadtverwaltung verbindliche Grundsätze zur Einstufung von Mitarbeitern gibt. Das sei nicht der Fall gewesen.

Wiegand muss sich in dem Prozess wegen des Vorwurfs verantworten, der  Stadt einen Schaden von rund 290.000 Euro verursacht zu haben, weil er seine drei engsten Mitarbeiter Sabine Ernst, Oliver Paulsen und Martina Wildgrube zu hohe Gehälter zugestanden habe. Der Bundesgerichtshof hatte einen Freispruch des Landgerichts Halle aufgehoben. (mz)