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Umweltamt in Halle Umweltamt in Halle: Gegängelt im eigenen Garten

Von Detlef Färber 20.03.2015, 11:23
Auch Michèle Kramm müsste ihr Grundstück völlig umkrempeln, wenn es nach der Stadt geht.
Auch Michèle Kramm müsste ihr Grundstück völlig umkrempeln, wenn es nach der Stadt geht. Günter Bauer Lizenz

Halle (Saale) - Jetzt hat der Ärger das Rathaus erreicht. In der Osendorfer Kirschbaumaffäre hat der Stadtratsvorsitzende Henrik Lange (Linke) im Hauptausschuss eine offizielle Anfrage an die Verwaltung gestellt. Die Folge ist, dass - wie Stadtsprecher Drago Bock mitteilt - der auch fürs Grün zuständige Baudezernent Uwe Stäglin nun persönlich tätig wird. „Die Stadt wird den Fall erneut prüfen, um eine Einzelfall-Lösung zu finden“, so Bock.

Ähnliche Fälle werden bekannt

Aber jetzt muss Stäglin stark sein. Denn mit einer „Einzelfall-Lösung“ ist es nicht getan. Der Fall des Hallensers Wieland Werner ist keinesfalls ein Einzelfall. Michèle Kramm im Rosengartenviertel ergeht es so wie Werner. Auch sie wollte und durfte 2010 eine Blaufichte fällen. Und sollte einen Laubbaum nachpflanzen. Und auch Kramm freute sich ein Jahr später über die Änderung der städtischen Baumschutzsatzung, derzufolge Nadelbäume nicht mehr unter Schutz stehen.

Aber die Hallenserin freute sich zu früh. Am gleichen Tag wie Familie Werner - am 9. März nämlich - bekamen die Kramms Post von der Unteren Naturschutzbehörde mit der Aufforderung zur Nachpflanzung samt haarkleinen Vorschriften dazu: „Hochstamm 170 bis 180 Zentimeter“. Und auch in diesem Fall sollte nur ein Laubbaum erlaubt sein.

Doch auch Michele Kramm hatte schon junge Obstbäume nachgepflanzt - nicht zuletzt aus einem Loyalitätskonflikt heraus. Denn als Mitglied der Siedlergemeinschaft im Rosengarten gilt für sie eine Satzung, die den „Nutzgarten“ fordert. Das ist auch ganz im Sinne von Michèle Kramm, die der Meinung ist, „dass Laubbäume in einem Garten nichts zu suchen haben“. Zumindest nicht in ihrem!

Verärgerte Hallenser

Doch was tun? Immerhin habe ihnen das Amt eingeräumt, außerhalb ihres Grundstücks - wo nun kein Platz mehr ist - ihrer Nachpflanzungspflicht nachzukommen. 180 Euro würde das kosten, sagt Frau Kramm. Mit den Kosten der Fällgenehmigung von seinerzeit 38?Euro sei das aber auch ein teurer Spaß.

Wie verärgert viele Hallenser sind über die Blüten, die die „Gartendiktatur“ treibt, zeigen auch etliche Leser-Reaktionen. Marita Schumann zum Beispiel kennt mehrere Fälle aus der Verwandtschaft, wo es ähnliche Auflagen im Zusammenhang mit Baumfällungen gab.

Warum Obstbäume, die ja auch Laub tragen, die Funktion der vom Umweltamt favorisierten Laubbäume nicht erfüllen? Das wird von der Behörde nicht kommuniziert. Der Bitte der MZ, einen der zuständigen Fachleute zu den Gründen für die strengen Regeln befragen zu dürfen, wurde von der Stadt bislang nicht entsprochen.

Ist es also nur die Lust am Vorschriftenmachen? Wie auch immer. Jedenfalls müsste die Stadtverwaltung schon sehr gute Gründe haben, wenn sie in die Privatsphäre Garten hineinregieren will. Und das Mindeste wäre dann, dass sie diese Gründe auch mitteilt. (mz)

So berichtete die MZ am Mittwoch.
So berichtete die MZ am Mittwoch.
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