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Syrischer Lebensmittel-Laden Treff in Halle (Saale): Der Orient boomt mitten in Neustadt

Von Silvia Zöller 23.04.2017, 12:00
Mustafa Hamida betreibt den Orienta Markt am Neustädter Treff.
Mustafa Hamida betreibt den Orienta Markt am Neustädter Treff. Lutz Winkler

Halle (Saale) - Egal ob Rosenwasser, Feigenmarmelade, orientalische Gewürze oder syrischen Fadenkäse - im Orienta Markt am Neustädter Treff gibt es Tausende exotische Lebensmittel und auch eine Halal-Fleischerei. Seit Jahren ist der Laden nicht nur bei Migranten beliebt, sondern auch bei Deutschen, die das Besondere suchen.

Seit dem Jahreswechsel ist es jedoch noch voller als sonst in dem Geschäft von Mustafa Hamida. Der Grund: Die ehemalige Kaufhalle „Basar“ ist geschlossen und soll abgerissen werden. In fußläufiger Entfernung ist der Orienta Markt jetzt die einzige Einkaufsmöglichkeit.

Orienta Markt in Halle-Neustadt: Die ersten Jahre waren hart

„Ich habe im letzten halben Jahr fünf Mitarbeiter neu eingestellt und das Angebot noch erweitert“, sagt der 48-Jährige, der vor 24 Jahren als Student aus Syrien nach Halle kam. Seine Erfolgsgeschichte hat keineswegs erst mit der Schließung der anderen Einkaufsmöglichkeiten begonnen.

Der Betriebswirt hat sich - entgegen den Unkenrufen seiner Freunde - vor 16 Jahren mit einem kleinen syrischen Restaurant mit Internetcafé am Treff selbstständig gemacht, schon damals gab es auch eine kleine Verkaufsecke. „Die ersten vier, fünf Jahre habe ich gelitten“, gibt er zu.

Die alte Kaufhalle „Basar“ am Treff wurde in den 60er Jahren am Neustädter Treff gebaut und galt lange als größte Kaufhalle der DDR. Die Leipziger Projektentwicklungsgesellschaft Greentech plant hier den Neubau eines Einkaufscenters, deren Ankermieter wie zuletzt vor der Schließung auch der Discounter Penny sein soll.

Eine Abrissgenehmigung der Stadt liegt bereits vor. Doch voraussichtlich erst in acht bis zwölf Wochen wird der letzte Mieter ausziehen: Die Apotheke von Khaled Hussein soll bis dahin ein Interimsquartier in der ehemaligen Tierhandlung am Treff bekommen. Erst dann kann der Abriss beginnen. (szö)

Nur mit Hilfe seiner Frau Sandra, die als Sozialpädagogin zu ihrer Arbeit in einem Internat wöchentlich von Halle nach Bayern pendelte, konnte der Lebensunterhalt gesichert werden, berichtet Mustafa Hamida. 2009 stellte er ganz auf den Verkauf von Lebensmitteln um.

Orienta Markt in Halle-Neustadt: Mustafa Hamida arbeitet bis zu 15 Stunden am Tag

Heute betreibt er nicht nur einen zweiten Orient-Markt am Neustädter Meeresbrunnen, sondern beliefert als Großhändler Geschäfte in ganz Deutschland bis hin nach Österreich. Containerweise importiert der Geschäftsmann Produkte aus Jordanien, Syrien, Ägypten und sogar Reis aus Indien.

Das bedeutet: lange Arbeitstage mit täglich 14 oder 15 Stunden, manchmal auch sonntags. „Ich habe nie aufgegeben. Und ich kann nicht ohne meine Arbeit leben“, sagt der Vater eines siebenjährigen Sohnes und einer zehnjährigen Tochter. Zurzeit beschäftigt er 30 Mitarbeiter im Verkauf und in der Verwaltung.

Entwicklung am Treff in Halle-Neustadt: Mehr Migranten bringen laut Mustafa Hamida mehr Leben in die Stadt

Die Entwicklung am Treff verfolgt Hamida genau. „In den letzten Jahren sind mehr Migranten, darunter auch Syrer und Iraker hierher gezogen“, sagt er. Dieser Zuzug sei gut für die Stadt, bringe Bewegung und eben auch Chancen für Halle: „Zum Beispiel bedeutet das auch mehr Kunden in den Geschäften und damit mehr Personal.“ Dafür, dass sich die Menschen auch am Treff begegnen können, hat er ebenfalls etwas getan.

Der Kulturwerkstatt „Grüne Villa“ hat er sein ehemaliges Lager am Treff zu günstigen Konditionen vermietet, ebenso hat der deutsch-russische Verein weitere Räume zur Nutzung am Treff bekommen. Das hat den 48-Jährigen auf eine weitere Idee gebracht: „Es wäre schön, einen deutsch-syrischen Verein zu gründen. Der Platz wäre da, aber mir fehlt die Zeit“, bedauert er.

Auch wenn der Geschäftsmann von der Schließung der alten Kaufhalle profitiert, so blickt er positiv auf den geplanten Neubau eines Einkaufscenters am Treff: „Das bringt Bewegung und Leben herein“, sagt er und berichtet von seinen Kunden, die zum einen verärgert über die Schließung sind, sich zum anderen aber auch fragen, warum das intakte Gebäude überhaupt abgerissen werden soll. Die Konkurrenz befürchtet er nicht: Schließlich gebe es dort andere Angebote als im Orienta-Markt. (mz)