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Staatsanwalt ermittelt im Rathaus Staatsanwalt ermittelt im Rathaus: Akten bei OB Wiegand beschlagnahmt

19.09.2013, 17:03
Das Rathaus in Halle. Die Staatsanwaltschaft hat dort am Donnerstag Akten beschlagnahmt.
Das Rathaus in Halle. Die Staatsanwaltschaft hat dort am Donnerstag Akten beschlagnahmt. dpa-Zentralbild

Halle (Saale)/MZ - Der Chef war auswärts zu einem Termin, als die Ermittler am Donnerstagmorgen ins OB-Büro kamen. Die Staatsanwaltschaft Halle wollte Akten beschlagnahmen, Personalakten über den engsten Kreis um den Oberbürgermeister der Saalestadt Bernd Wiegand (parteilos). Es ist der nächste Dreh in den Voruntersuchungen und Ermittlungen, die die Behörde gegen Wiegand führt. Der Vorwurf: Untreue. Nach Angaben Wiegands seien die Akten umstandslos ausgehändigt worden. Eine Durchsuchung habe nicht stattgefunden.

Wiegand soll gegen Haushaltsrecht verstoßen haben

Die Vorwürfe in diesem Fall, denen sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Kommunalaufsicht in getrennten Untersuchungen nachgehen, reichen zurück auf den Beginn der Amtszeit Wiegands. Als eine seiner ersten Amtshandlungen hatte er vier Vertraute eingestellt, darunter seine Wahlkampfleiterin Sabine Ernst und die damaligen Stadträte Martina Wildgrube (FDP) und Oliver Paulsen (Grüne). Dabei soll Wiegand einerseits gegen Haushaltsrecht verstoßen haben: Weil Halle zu dem Zeitpunkt keinen genehmigten Haushalt hatte und sich in so genannter vorläufiger Haushaltsführung befand, seien Einstellungen unzulässig gewesen. Andererseits seien die Einstufungen ins Gehaltsgefüge bei allen Dreien ungerechtfertigt. Bislang ist unklar, auf welche dieser Vorwürfe genau sich die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft beziehen. Am Donnerstag wollte kein Behördenvertreter gegenüber der MZ Stellung zum laufenden Verfahren nehmen.

Die Kommunalaufsicht verfolgt indes nur noch den zweiten Vorwurf. Der Verstoß gegen die vorläufige Haushaltsführung wurde Ende Mai „aus Gründen der Verhältnismäßigkeit“ fallen gelassen. Zur Eingruppierungsfrage hat sich die Behörde jedoch bis Donnerstag vergeblich bemüht, Akteneinsicht zu bekommen. Die Staatsanwaltschaft war nun offenkundig erfolgreicher.

"Mit politisch motivierten Verfahren arbeite ich seit Jahren"

Oberbürgermeister Bernd Wiegand reagierte am Donnerstag knapp auf die Ermittler-Besuch: „Der Tatverdacht der Behörde beruht unter anderem auf einem Schreiben der Stadtratsfraktionen von CDU, SPD und FDP an den Präsidenten des Landesverwaltungsamtes. Mit politisch motivierten Verfahren arbeite ich seit Jahren. Der Aufwand, der seit meinem Amtsantritt zur Einstellung drei meiner wichtigsten Mitarbeiter betrieben wird, ist bemerkenswert“, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme.

Die Fraktionschefs im Stadtrat reagierten größtenteils abwartend auf die Nachricht von der Aktenbeschlagnahme. „So lange kein Ergebnis vorliegt, werde ich mich jeder Bewertung enthalten“, sagte Bodo Meerheim (Linke). Bis zu einem Urteil gelte die Unschuldsvermutung. Auch Johannes Krause (SPD) will die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen abwarten. „Es wird allerdings immer deutlicher, dass der Stadtrat als Dienstherr des OB sich einen Rechtsbeistand besorgen muss“, sagte Krause. Dies müsse in einer der nächsten Sitzungen beschlossen werden.

Dietmar Weihrich (Grüne), forderte vom OB die Offenlegung der Arbeitsverträge seiner Mitarbeiter. „Ich kann mir nicht wirklich erklären, wie es so weit kommen konnte“, sagte er. Bernhard Bönisch (CDU) sieht in dem Vorgang eine neue Qualität erreicht. „Ich hoffe, dass der Oberbürgermeister jetzt endlich die Karten auf den Tisch legt.“

Gerät unter Druck: OB Bernd Wiegand
Gerät unter Druck: OB Bernd Wiegand
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