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"Spontanes Shoppen nicht möglich" "Spontanes Shoppen nicht möglich": Hallenser vom Einkaufen mit Termin nicht begeistert

Von Silvia Zöller 11.03.2021, 12:30
Shoppen ist  wieder  möglich. In  Geschäften, wie hier bei New Yorker, kann man auch spontan per Telefon einen freien Termin bekommen.
Shoppen ist  wieder  möglich. In  Geschäften, wie hier bei New Yorker, kann man auch spontan per Telefon einen freien Termin bekommen. Silvio Kison

Halle (Saale) - Marktplatz, 9.30 Uhr am Mittwochmorgen: Kurz vor Öffnung von Kaufhof-Galeria bildet sich eine kleine Schlange. Fast wie in den Tagen vor der coronabedingten Schließung der Geschäfte, als man einfach so einkaufen konnte. Doch bei der Wiedereröffnung der Geschäfte, die seit Montag erlaubt ist, gibt es eine Hürde: Kunden müssen vorher per Telefon oder online einen Shopping-Termin vereinbaren.

Viele Passanten in Halle erbost über Shoppen nach Termin

Daran scheitert es aktuell bei vielen potenziellen Kunden: Die Kaufhof-Mitarbeiter müssen zahlreiche Kunden abweisen, die eben keinen Termin ausgemacht hatten. Im Laden selbst zwischen 9.30 Uhr und 10 Uhr: mehr Personal als Kunden, der Zuspruch ist mehr als verhalten. „Wer kein Handy hat, ist doch aufgeschmissen“, sagt eine ältere Dame, die sich zwar einen Zettel einsteckt, auf dem die Telefonnummer des Warenhauses steht, über die sie einen Termin vereinbaren kann.

„Ich war gerade in der Stadt. Ob ich morgen Zeit habe, um wiederzukommen, weiß ich noch nicht“, sagt die Rentnerin. So geht es vielen Passanten, die zum Teil erbost über die Regelung sind: „Was ist das für eine Logik, dass man in Buchhandlungen und Drogeriemärkten einfach so einkaufen kann und in anderen Geschäften einen Termin ausmachen muss“,  ärgert sich eine  ebenfalls ältere Kundin. „Es müssten für alle die gleichen Regeln gelten.“

Mit der neuen Landesverordnung  dürfen Läden nur dann öffnen, wenn  sich Kunden zuvor angemeldet haben.  Pro 40 Quadratmeter Verkaufsfläche darf sich nur ein Kunde aufhalten,  Listen mit den Kundendaten müssen geführt werden, und es gilt eine Maskenpflicht. Ist das Geschäft bis zu 800 Quadratmeter groß, darf ein Kunde pro zehn Quadratmeter Fläche eingelassen werden, Warteschlangen von mehr als fünf Personen sind zu vermeiden; es gelten die üblichen Abstandsregeln. Diese Regelung ist in Sachsen-Anhalt nicht von der örtlichen Inzidenz abhängig, die etwa in Halle derzeit noch über 100 liegt.

Ohne Anmeldung können Kunden weiterhin in Lebensmittelgeschäften, Tankstellen, Blumenläden, Buchhandlungen, Getränkemärkten, Reformhäusern, Autowerkstätten Drogerien, Optikern und Hörgeräteakustikern, Fahrradläden, Reinigungen, Waschsalons, Banken und Sparkassen sowie  in Baumärkten und Tierbedarfsmärkten, Apotheken und Sanitätshäusern einkaufen. Diese durften schon früher wieder öffnen und sind von der Pflicht zum „Click and meet“ ausgenommen.  Eine Masken- und Abstandspflicht sowie weitere Hygieneregeln gelten aber auch hier. Die neue Verordnung ist bis 28. März in Kraft.

Nicht jeder Händler in der Innenstadt nutzt Öffnungen mit Terminvergabe

Während sich einige kleinere Läden in der Innenstadt aktuell noch nicht an dem neuen Öffnungssystem beteiligen und nur auf die Abholung der Waren setzen,  nutzen etliche die Regeln flexibel. Manche setzen auf Terminvereinbarung per Barcode, andere auf das gute alte Telefon. So auch Beate Fleischer von der Citygemeinschaft, die in der Schmeerstraße einen Dessousladen betreibt.

Bei ihr kann man auf einen Soforttermin nach Anruf vor der Tür hoffen - wie auch bei anderen Läden wie etwa dem Kaufhof - ,wenn die Voraussetzungen stimmen: „Es dürfen maximal zwei Personen in meinem Laden sein“, sagt sie. Die Resonanz auf die Wiedereröffnung sei bei den Stammkunden groß. „Aber es ist ein großer Warendruck da“, schildert sie das Dilemma vieler Händler: Während die Winterware während der Schließung nicht oder kaum verkauft wurde, muss bestellte Frühjahrsware angenommen werden, die aber eigentlich noch nicht durch den Verkauf der Winterware finanziert ist.

Kritik: Keine einheitlichen Regeln bei Terminvergabe

Trotz der bürokratischen Hürden wie der Datenerfassung der Kunden ist Beate Fleischer froh über die Wiederöffnung der Geschäfte: „Man greift einfach nach jedem Strohhalm.“ Eine komplette Öffnung der Geschäfte sei jedoch die bessere Lösung. In der sonst belebten Kleinen Ulrichstraße ist am Mittwochmorgen auch eher tote Hose. Im Bekleidungsladen „Shoes and the City“ schaut sich eine einzige Kundin um. „In den letzten beiden Tagen haben je zwei Kunden wegen eines Termins angerufen“, sagt Verkäuferin Jenny Bartsch.

Das Problem sei, dass es jedes Geschäft anders mache: Mal könne man einen 75-Minuten-Termin buchen, mal mit andern Zeitbegrenzungen, mal per QR-Code, mal über das Telefon. „Spontanes Shopping ist so nicht möglich“, sagt sie. Trotzdem:  Der Laden ist zur Wiedereröffnung komplett mit neuer Ware einsortiert, Jenny Bartsch freut sich auf Kunden.
Die hatte auch Barbara Treichel  vom „Gewandhaus“ schon in den letzten beiden Tagen. 

Verwaltung führt Kontrollen zur Einhaltung der Regeln durch

Und zwar jeweils zwei. „Ich bin ein positiver Mensch. Ich bin zufrieden damit“, sagt die Hallenserin, die das Geschäft vor fast 22 Jahren eröffnet hat. Noch am Sonntagabend hat sie Mails an Stammkunden verschickt und ihnen so die Wiedereröffnung  und die Regularien zur  Terminvereinbarung mitgeteilt. „Die Resonanz ist da, die Kunden freuen sich“, sagt sie. Und: Wer bei ihr einen Termin gebucht hatte, hat auch für zum Teil dreistellige Beträge eingekauft. „Spontanes Shopping ist zwar nicht möglich momentan“, sagt Barbara Treichel.

Aber wer sich anmeldet, kauft eben auch in den meisten Fällen etwas. Auch die Stadtverwaltung macht nochmals auf die neuen Regelungen aufmerksam, nachdem bei Kontrollen ein Verstoß festgestellt wurde. In einem Geschäft war auch  ohne Anmeldung Zutritt für Laufkundschaft möglich, zudem wurden keine Anwesenheitsnachweise geführt. Bis zu 1.000 Euro Bußgeld können dafür laut Landesverordnung erhoben werden. (mz)