Sexismus-Debatte um Schulhof-Wandbild Sexismus-Debatte um Schulhof-Wandbild: Endlich hat auch Halle seinen Aufreger

Halle (Saale) - Spätestens jetzt hat sie Grund so dreinzuschauen, wie sie dreinschaut. Denn sie ist ins Gerede gekommen - die junge Frau oder besser das Mädchen, das seit dem Sommer eine Wand am Neustädter Christian-Wolff-Gymnasium ziert.
Freilich, die Vorwürfe, die zwei Vertreterinnen des Frauenpolitischen Runden Tischs bei der Bürgerfragestunde des Stadtrats erhoben haben, richten sich eher gegen die Art der Darstellung: „Beschämend und sexistisch“ nannten die Frauen das Bild und erhoben Vorwürfe gegen die Schulleitung, die hier „ihrer gesellschaftlichen Rolle nicht gerecht geworden“ sei. Damit hat nun endlich auch Halle - mit ortsüblicher Verspätung und fast schon nachträglich zur globalen Debatte - seinen regionalen Sexismus-Fall.
Christian-Wolff-Gymnasium: Bild von Schülern ausgewählt
Das Bild, um das es geht, ist ein in der Regie der Freiraumgalerie umgesetztes Projekt, das in Zusammenarbeit der „Burg“-Absolventen Viktor Sobek und Kai Siegel mit einer Gruppe aus zehn zwölf- bis 16-jährigen Schülern des Gymnasiums und der angrenzenden Gemeinschaftsschule Kastanienallee entstanden ist.
Das Motiv, so der freie Künstler Sobek, sei aus einer in der Schülergruppe getroffenen Vorauswahl von Motiven mehrheitlich für die Umsetzung ausgewählt worden: Nicht zuletzt, weil man das Mädchen als annähernd gleichaltrig ansehen konnte.
Echte Probleme? Keine Hilfe
Über die von den Frauen vom „Courage e.V. Halle“ vorgetragenen Vorwürfe ist der Schulleiter des Neustädter Gymnasiums, Andreas Slowig, verärgert. Zumal die Klägerinnen sich darüber hätten informieren können, dass das Schulgebäude samt seiner Gestaltung in städtischer Verantwortung und nicht in der der Schulleitung liege.
Das Ansinnen, diese Art der (von Schülern und Künstlern gemeinsam gewählten) Gestaltung zu unterbinden, weist er auch mit Verweis auf die künstlerische Freiheit von sich.
Doch ist es auch nicht so, dass Slowig und die Neustädter Lehrer Rat und Hilfe gar nicht brauchen könnten. Slowig sagt, er habe in Briefwechseln zum Thema Wandbild schon darauf aufmerksam gemacht, wo in Sachen Mädchen- und Frauenrecht derzeit die wirklichen Probleme liegen. Wenn etwa Schülerinnen aus Migrantenfamilien immer wieder für Klassenfahrten und Ausflüge durch Väter oder Brüder abgemeldet würden.
Zur Lösung solcher Nöte von Mädchen wäre die Hilfe und Kompetenz des Frauenpolitischen Runden Tischs dringend nötig. Doch leider, so der Schulleiter, kämen viele, die sich sonst nie in Neustadt sehen ließen, immer gerade dann, wenn es um „Symbolpolitik“ geht. Nur davon will sich Slowig den Ruf seiner Schule nicht verderben lassen. Denn die schreibe gerade in den letzten Jahren „eine Erfolgsgeschichte“, sagt der Chef, der selbst aus Neustadt stammt.
Haseloff war begeistert von Wandbild am Christian-Wolff-Gymnasium
Bleibt noch die Frage, ob das Mädchen auf dem Bild so gucken darf, wie es guckt. Andreas Slowig kann da nur lachen - denn: „Als Lehrer und als Vater kenne ich diesen Blick“, sagt er. Es sei der zuweilen auch trotzige und herausfordernde Blick von Teenagern - ein altersgemäßer also. Das Bild habe auch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) gesehen, der bei seinem Besuch der Schule begeistert gewesen sei, und das Wandbild sogar getwittert habe, freut sich Andreas Slowig.
Die Stadt dagegen wird, wie Oliver Paulsen, Grundsatzreferent im Rathaus, am Mittwoch im Stadtrat zugesagt hat, die Angelegenheit prüfen. Eine Lösung angeboten haben wiederum die Courage e.V.-Frauen, die den Neustädter Lehrern gern ein Seminar zum Thema „sexistische Werbung“ verordnen würden.
Nachsitzen für Halles geplagte Schulmeister? Der Neustädter Schulleiter wäre da gar nicht begeistert. Und überhaupt: Wer bietet derlei Seminare an? Etwa gar der Courage e.V. selber? (mz)