"Schamkabine" im Stadtbad "Schamkabine" im Stadtbad: Kein Nacktduschen - Spielt Fall einer Muslima eine Rolle?

Halle (Saale) - Eine kleine Duschkabine, kaum größer als ein Quadratmeter, sorgt für Ärger und Verwunderung unter Badegästen des historischen Stadtbads. Seit kurzem steht in den Duschbereichen der Frauen und Männer jeweils eine Zelle mit Plastikwänden und einer Tür.
Auf den ersten Blick sieht sie aus wie eine herkömmliche Umkleide, soll aber Gästen ermöglichen, nackt zu duschen, ohne dass andere dabei zusehen. Badegäste kritisieren jedoch, dass die Kabine dem Ambiente des denkmalgeschützten Schwimmbads schade und ihre Installation unnötig sei.
Bäder Halle GmbH: „Von unserer Kundschaft ist an uns das Bedürfnis herangetragen worden“
Die Kabine sei teuer, für sie seien Haken und Seifenablage gewichen und wenn schon jemand ungesehen duschen wolle, würde auch ein Vorhang reichen, schrieb Edeltraud Schafhauser in einem Leserbrief an die MZ. Andere Leser begrüßen die Abtrennung, weil sich manche ältere Personen oder solche mit einem nicht perfekten Körper nur ungern nackt zeigen würden.
Die Bäder Halle GmbH, die das Stadtbad betreibt und zum Stadtwerkekonzern gehört, kann die Aufregung nicht nachvollziehen. „Von unserer Kundschaft ist an uns das Bedürfnis herangetragen worden, in den Duschbereichen Möglichkeiten zu schaffen, die es erlauben, beim Duschen mehr Privatsphäre zu haben“, erklärt Stadtwerkesprecherin Iris Rudolph auf MZ-Nachfrage. Dies gelte sowohl für den Männer- als auch für den Frauenbereich. In vielen Bädern seien solche „Schamkabinen“, wie die Abtrennungen heißen, bereits Standard.
Duschvorhang aus hygienischen Gründen in öffentlichen Schwimmbädern nicht erlaubt
Im Stadtbad sei eine Nachrüstung jedoch kompliziert gewesen. Am 17. Januar habe man daher eine „vorübergehende“ Lösung umgesetzt, die aktuell noch angepasst werde und mit dem Denkmalschutz nicht in Konflikt stehe. Der Vorteil der Kabine sei, dass sie leicht zurückzubauen sei und in die Altbausubstanz nicht angreife, argumentiert Rudolph.
„Die fehlenden Haken und Seifenschalen, die wir für das Einbringen der Kabine abbauen mussten, wurden bereits wieder angebracht.“ In den kommenden Tagen soll auch die dazugehörige Dusche in die Kabine verlegt werden. Ein Duschvorhang wäre zwar günstiger gewesen, aus hygienischen Gründen in öffentlichen Schwimmbädern jedoch nicht erlaubt.
Zusammenhang mit Fall einer muslimischen Grundschülerin?
Unbeantwortet ließ Rudolph die Frage, ob der Einbau der Duschkabine mit einem Fall aus dem Sommer vergangenen Jahres zusammenhängt. Im August hatten die Eltern einer muslimischen Grundschülerin vor dem Verwaltungsgericht Halle erstritten, dass ihre Tochter entgegen der Badeordnung mit Badekleidung duschen darf. Nach MZ-Informationen hatte es sich damals um einen Fall aus dem Stadtbad gehandelt. Nach dem Urteil kündigten die Stadtwerke an, „nach einer angemessenen Lösung“ suchen zu wollen.
Will die Bäder GmbH mit der Duschkabine nun einen Kompromiss schaffen, damit sie die Badeordnung auch für Badegäste wie das muslimische Mädchen durchsetzen kann? Dazu schweigt der Badbetreiber. (mz)
