S-Bahn-Geschichte in Halle S-Bahn-Geschichte in Halle: Die letzte Bahn zwischen Trotha und Nietleben

Halle (Saale) - Willkommen und Abschied am Mittwoch an Halles Hauptbahnhof: Während von Bahnsteig 9 der ICE „Halle“ die Neubaustrecke nach Erfurt eröffnet, fährt die S7, Halles S-Bahn zwischen Trotha und Nietleben, heute das letzte Mal. Wegen Bauarbeiten fährt die älteste S-Bahn-Linie Sachsen-Anhalts schon ab Donnerstag nicht mehr durch, sondern verkehrt nur zwischen Hauptbahnhof und Nietleben. So wie es ab Sonntag, mit dem Winterfahrplan, ohnehin sein wird. Künftig muss am Hauptbahnhof umgestiegen werden.
Am Mittwoch geht also auch eine hallesche Bahn-Ära zu Ende. Denn ein Jahr vor Leipzig und sieben Jahre bevor in Magdeburg die erste Stadtbahn abfuhr, hatte Halle einen Taktverkehr mit später speziellen doppelstöckigen Wagen vorgelegt. 1967 startete vom Hauptbahnhof die erste Zug auf der knapp 13 Kilometer langen neuen Bahnstrecke zum Endpunkt an der Zscherbener Straße in Neustadt.
„Die Grundsteinlegung Neustadts 1964 war auch die des halleschen S-Bahn-Netzes“, sagt Halles Stadtarchivar Ralf Jacob. Denn die für 100.000 Einwohner geplante Plattenbau-Großsiedlung sollte nicht per Straßenbahn, sondern per Bus und S-Bahn an das weitere Verkehrsnetz angeschlossen werden. Die neue Strecke in die „Chemiearbeiterstadt West“, wie Neustadt zunächst hieß, sollte vor allem die in Buna und Leuna Beschäftigten, für die Neustadt schließlich in erster Linie errichtet wurde, befördern. Und so geschah es: Tausende fuhren täglich von der Zscherbener Straße in den „Leuna-Pälzern“, den Schichtzügen, in die Chemie-Werke in Leuna und Buna. Die Sitzplätze waren nach Gewohnheitsrecht fest vergeben. Arbeitsbeginn in Leuna war 6.45 Uhr.
Junge Mütter entlasten
Um die Tausende jungen Mütter zu entlasten, die vor Arbeitsbeginn und Abfahrt in Neustadt ihre Kinder in den Kindergärten und Krippen „abgeben“ mussten, wurden dann auch Züge eingesetzt, die am Morgen etwas später fuhren, die „Mütterzüge“.
Ab 1969 fuhr dann die S-Bahn auf der heute noch bestehenden Strecke zwischen Nietleben über Hauptbahnhof und Trotha. Nördlich des Hauptbahnhofs wurde neben der Strecke nach Wernigerode ein S-Bahn-Gleis gebaut und die neue Haltestellen Wohnstadt Nord, Zoo und Dessauer Brücke eingerichtet. 1972 bekam auch die Strecke nach Trotha eine Oberleitung, so dass die S-Bahn durchgängig elektrisch verkehrte.
Am Hauptbahnhof wurde damals auch ein S-Bahnsteig angebaut. In den 1970er Jahren erhielten auch die Neubaugebiete Südstadt und Silberhöhe ihre Haltestellen.
Der Betrieb der S-Bahn brachte auch für Halles Hauptbahnhof einen Aufschwung. „Die tägliche Fahrgastfrequenz des Hauptbahnhofs erreichte 1975/76 bereits 100.000 Personen und konnte bis 1983 auf täglich 90.000 bis 120.000 Personen gesteigert werden. Davon entfielen etwa 40.000 Personen auf die Gruppe der Berufspendler“, so Halles Stadtarchivar Jacob. Ab Donnerstag aber ist nach 46 Jahren die durchfahrende S-Bahn-Strecke in Halle Geschichte. (mz)
