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Roma ziehen aus Roma in Halle ziehen aus: Vermieter in der Schlosserstraße greift nun durch - mit ersten Folgen

Von Oliver Müller-Lorey 11.06.2019, 11:00
Die Polizei ist regelmäßig in der Schlosserstraße auf Streife. Dort wohnten einst über 30 Roma-Familien.
Die Polizei ist regelmäßig in der Schlosserstraße auf Streife. Dort wohnten einst über 30 Roma-Familien. Lutz Winkler

Halle (Saale) - Auf dem eingezäunten Schulhof der Hutten-Gesamtschule ist am Freitagnachmittag schon nichts mehr los. Dafür aber vor dem Zaun, der kürzlich durch ein zweites Metallgitter verstärkt wurde. Mehrere Männer sitzen auf Stühlen, die man wegen ihrer Polsterung und Bauweise eher in einem altertümlichen Wohnzimmer vermuten würde.

Drumherum stehen Frauen in bunten, weiten Kleidern und Röcken. Kinder flitzen um die Gruppe herum und rennen zwischen Transportern mit ausländischen Kennzeichen und Bäumen entlang. Es ist laut, weil Kinder und Eltern quer über die Straße oder zu den geöffneten Fenstern des Häuserkomplexes hinüberrufen.

Schlosserstraße Halle: Roma sorgen seit ihrem Einzug Ende 2016 immer wieder für Ärger

Deren Bewohner aus der Volksgruppe der Roma sorgen seit ihrem Einzug Ende 2016 immer wieder für Ärger und haben das Viertel zu einem Problembezirk gemacht. Berichte und Fotos über Müll, der aus Fenstern auf die Straße fliegt, gibt es genauso viele wie Anwohner, die sich über Ruhestörungen und respektloses bis bedrohliches Verhalten der Roma aufregen. Auch Anzeigen wegen Vorfällen mit einer Softair-Pistole und sexueller Belästigung gab es in der Vergangenheit.

Die Stadt richtete schließlich eine wöchentliche Bürgersprechstunde ein, bei der Anwohner redlich davon Gebrauch machten, ihren Frust beim Ordnungsamt abzulassen. Der Konflikt gipfelte schließlich in einem Brandbrief von Bildungsminister Marco Tullner, in dem er die Stadt jüngst aufforderte, mehr für die Sicherheit der Schüler zu tun und etwa Videokameras aufzubauen.

Schlosserstraße Halle: Türen werden zerstört

„Seit 2007 wohne ich hier, damals war alles völlig in Ordnung. Aber seitdem die Roma hier sind, werden wir mit Musik beschallt, es werden mutwillig Sachen beschädigt, mittlerweile hängt doch keine Tür mehr bei denen in den Angeln“, sagt eine Anwohnerin, die anonym bleiben will und deutet auf den Backsteinkomplex. Tatsächlich fehlt an rund der Hälfte der Eingänge der von Roma bewohnten Häuser die Türverglasung oder die Türen sind so zerstört, dass sie gar nicht mehr zu schließen sind.

Die Firma „Cerveny Immobilien“, der die betroffenen Häuser gehört, hatte noch im vergangenen Jahr die zerstörten Türen immer wieder ausgetauscht - doch das ist inzwischen anders. Briefkästen, Treppenhäuser und Türen wirken dem Vandalismus überlassen.

„Von ehemals über 30 Familien wohnen inzwischen nur noch acht in den betreffenden Häusern“

Christian Schill, Immobilienkaufmann und Mitarbeiter bei Cerveny bestätigt im Gespräch mit der MZ, dass man bemüht sei, „wieder Ordnung und Ruhe reinzubekommen“. Dazu soll der Anteil der Rumänen drastisch gesenkt werden, was bereits passiert sei. „Von ehemals über 30 Familien wohnen inzwischen nur noch acht in den betreffenden Häusern“, sagt Schill.

Viele Roma seien wegen Mietschulden fristlos gekündigt worden oder sogar freiwillig ausgezogen. „Wir haben die Wohnungen verschlossen und werden sie nicht wieder an Rumänen vermieten“, sagt er. Da von den acht verbliebenen Familien bereits vier eine Räumungsklage erhalten hätten, sei damit zu rechnen, dass bald keine Roma mehr in der Schlosserstraße wohnen würden.

Schlosserstraße in Halle: Vermieter machte Fehler

Die Stadt macht dem Vermieter unterdessen Vorwürfe, die Wohnungen an so viele Rumänen gleichzeitig vermietet zu haben. Flüchtlinge würden von der Stadt vornehmlich dezentral untergebracht, schickt Oliver Paulsen, Grundsatzreferent des Oberbürgermeisters voran. „.In der Schlosserstraße hat der private Vermieter mehrere Aufgänge fast ausschließlich an EU-Bürger aus Rumänien vermietet. Das ist für die Integration nicht hilfreich.“

Schill gibt zu, beim Einzug der Rumänen seien damals Fehler gemacht worden. „Aber sie kamen teilweise auch mit gefälschten Arbeitsverträgen und haben uns falsche Tatsachen vorgespielt.“ Dass man sich solche Probleme an Land ziehe, damit habe man nicht gerechnet. „Jetzt versuchen wir die Wohnungen, nach einer Entkernung, neu zu vermieten. Und die Mieter werden sehr sorgfältig geprüft“, verspricht Schill.

Anwohner Schlosserstraße: „Wir glauben aber erst an eine Besserung, wenn sie wirklich alle weg sind“

Derweil hat auch ein anderer Anwohner, der seinen Namen ebenfalls nicht in der Zeitung lesen will, den Eindruck, dass es weniger Roma werden. „Wir glauben aber erst an eine Besserung, wenn sie wirklich alle weg sind“, sagt er.

Zumindest die Bürgersprechstunde sei in den vergangenen Wochen so gut wie nicht mehr besucht worden, sagt Oliver Paulsen. Außerdem sei die Zahl der Beschwerden im Laufe des vergangenen Jahres deutlich zurückgegangen. „Deshalb haben Stadt und Polizei ihr Angebot eingestellt.“ Die Polizei hat die Lage nach Angaben von Behördensprecher Ralf Karlstedt dennoch weiter im Blick: „Wir arbeiten im Zusammenhang mit dieser Problematik eng mit der Stadt zusammen und haben auch regelmäßig Streifen vor Ort.“ (mz)