Reiseguru und Marathonläufer Uwe Pflügner : Reiseguru und Marathonläufer Uwe Pflügner : Ein halbes Leben in Laufschuhen

Halle (Saale) - Platz 943 bei einem Sportwettkampf - das klingt ja erst mal nicht so toll. Das ändert sich, wenn man zusätzlich weiß, dass es sich bei dem Wettkampf um den traditionsreichen Berliner Halbmarathon handelt. Und dass am vergangenen Wochenende rund 32.000 Läufer daran teilgenommen haben. Platz 943 also bei gut 32.000 Startern, belegt vom Hallenser Uwe Pflügner, 49 Jahre alt.

Die gut 21 Kilometer lange Strecke legte er in ziemlich genau anderthalb Stunden zurück, das schaffen manche nicht mal auf dem Fahrrad. Ein toller Tag in der Hauptstadt sei das gewesen, sagt Pflügner. Und so ein Lauf sei für ihn „die reine Erholung“.

Mehrfacher DDR-Jugendmeister

Erholung? 21 Kilometer im forschen Trab? Andererseits: Uwe Pflügner hat, überspitzt gesagt, den Großteil seines Lebens laufend verbracht. 14 Jahre lang war er Leistungssportler. Auf der Sportschule Erfurt war er in der dortigen Leichtathletikklasse, seine Paradedisziplin waren die 3.000 Meter. Mehrfach wurde er zu DDR-Zeiten Jugendmeister über diese Distanz, 1989 und 1990 wurde er DDR-Hallenmeister über 5.000 Meter, 1990 außerdem DDR-Meister im 3.000-Meter-Hindernislauf. Trainiert wurde er von Dieter Hermann, zu seiner Klasse gehörte neben anderen das Lauf-Ass Hauke Fuhlbrügge. Später stieß auch der junge Nils Schumann dazu, der im Jahr 2000 in Sydney Olympiasieger über 800 Meter wurde.

Für Uwe Pflügner kam zunächst die Wende. Für ein Jahr zog er sich komplett raus aus dem Leistungssport. Reich wird man als Leichtathlet bekanntlich nicht - und Pflügner war früh klar, dass er für „die Zeit danach“ vorsorgen musste. Eine Werkzeugmacherlehre hatte er bereits zu DDR-Zeiten gemacht. Nun hängte er noch eine Lehre zum Bankkaufmann dran.

Knapp Olympia-Teilnehmer

Er wollte es dann aber doch noch mal wissen, begann erneut zu trainieren - und wurde 1996 tatsächlich ein weiteres Mal - diesmal gesamtdeutscher - Hallenmeister über 3.000 Meter. Fast hätte er sich in jenem Jahr sogar einen Lebenstraum erfüllt: eine Teilnahme an den Olympischen Spielen. Doch Pflügner wurde krank und verpasste die Norm - um lächerliche zwei Sekunden. Nach Atlanta fuhren andere.

Das war bitter. „Da hab ich mir erst mal eine Woche Zeit genommen“, sagt der drahtige Mann mit dem wildgelockten Haar. Die Frage war: Weitermachen oder aufhören? Inzwischen war er 30 Jahre alt - fast ein halbes Leben als aktiver Leistungssportler lag hinter ihm. Und ihm war klar: „Als Leistungssportler musst du bereit sein, immer 100 Prozent zu geben.“

Pflügner entschied sich dann - und zwar für den radikalen Schnitt. Er brach die Zelte in Erfurt ab, zog nach Halle und stieg in die Touristikbranche ein. Schon als Sportler sei er viel herumgekommen in der Welt - insofern ein perfekter Anschluss.

L'Tur-Agenturchef in Halle

Immer noch schnürt er regelmäßig die Laufschuhe. Zweimal pro Woche trifft er sich mit verschiedenen Laufgruppen - aber auch seine gesamte Familie ist äußerst sportlich: Pflügners Frau Kathrin war aktive Eisschnellläuferin und gewann zu DDR-Zeiten diverse Jugendmeistertitel. Und der 15-jährige Sohn und die elfjährige Tochter flitzen bei Lauf-Wettkämpfen der Konkurrenz davon. Zu Pflügners schönsten Geschichten gehört jene von seiner Tochter, die vor einigen Jahren beim Heidelauf Zeit fand, Knallerbsen zu pflücken - aber immer noch als Erste ins Ziel einlief.

17 Jahre leitete Pflügner die Leipziger Agentur des Last-Minute-Reiseveranstalters L’Tur, seit 2014 ist er Agenturchef in Halle. Seine Traumziele - typisches Los eines Touristikers - hat er alle bereist: Am eindrücklichsten seien die Touren nach Sansibar, auf die Philippinen und nach Ecuador gewesen.

Die nächste Reise führt ihn nicht so weit weg: Am Wochenende fährt Pflügner nach Thüringen, zum traditionsreichen Kyffhäuserlauf. Ob er die Marathonstrecke läuft oder „nur“ den Halbmarathon, das entscheidet er spontan. (mz)