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Bau seit 20 Jahren Osttangente: Wann Halles wichtigste Straße fertig sein soll

Von Dirk Skrzypczak 07.09.2017, 05:00
Brückenbau an der Osttangente in Halle
Brückenbau an der Osttangente in Halle Dirk Skrzypczak

Halle (Saale) - Gut 50 Meter hinter der Delitzscher Straße ist Schluss. Dort endet der Asphalt der Europachaussee, von Halles vielleicht wichtigster Straße. Viel Fantasie ist nicht mehr nötig, um sich den weiteren Verlauf in Richtung Norden vorzustellen. Ein dickes helles Schotterband zeigt den Trassenverlauf. Baumaschinen schnaufen in der Flur, das letzte, knapp drei Kilometer lange Teilstück der Osttangente wächst.

Ende 2018 soll der Abschnitt zwischen Büschdorf und der B100 fertig sein. Dann ist die Europachaussee durchgängig von der Bundesstraße bis nach Ammendorf befahrbar. Acht Kilometer lang und so etwas wie die Eier legende Wollmilchsau für Halle. Die fertige Europachaussee soll die Merseburger- und die Paracelsusstraße entlasten und die Feinstaubbelastung der Innenstadt senken. 1998 hatte der Bau des ersten Abschnitts der Osttangente begonnen.

Letzter Abschnitt der Osttangente in Halle wird teurer

Am Kreuzungspunkt der Baustelle mit der Reideburger Straße frisst sich die Schaufel eines Baggers in das Erdreich. Die Firma Umwelttechnik und Wasserbau aus Halle verlegt einen Kanal für die künftige Regenentwässerung der Straße. Tino Mecke ist der Polier und hat einen besonderen Bezug zu dem Ort. „Ich wohne selbst ganz in der Nahe auf dem Dautzschberg“, erzählt er. Luftlinie dürfte es gerade einmal ein Kilometer bis zu seinem Haus sein.

„Von der Osttangente profitiert nicht nur Halles Innenstadt, auch wir werden entlastet“, sagt er. Den Hobergweg über den Dautzsch, für den Schwerlastverkehr gesperrt, würden unzählige Fahrzeugführer - auch dicke Brummis - als Schleichweg nutzen. „Sie biegen in der Berliner Straße einfach zum Dautzsch ab, weil sie glauben, über die Reideburger Straße schneller und vor allem staufrei nach Halle zu kommen. Leidtragende sind wir.“

Proteste gegen die Ostumfahrung

Natürlich weiß auch Mecke von den Protesten gegen die Ostumfahrung. In Dautzsch hatte sich eine Bürgerinitiative gegründet und mehr Schutz vor dem sich abzeichnenden Straßenlärm gefordert. Tatsächlich sind Schallschutzwände vorgesehen, selbst der Trassenverlauf soll leicht angepasst worden sein.

Die vergangenen Jahre bedeuteten für die Anrainer der geplanten Route noch eine Verschnaufpause. Ursprünglich sollte der Bau des letzten Teilstücks schon 2010 beginnen. Allerdings war lange unklar, in welcher Höhe sich das Land an den Kosten beteiligen würde - also lag das Projekt bis August 2015 auf Eis. 33,5 Millionen Euro wird der Lückenschluss zwischen der B100 und der Delitzscher Straße wohl kosten, vier Millionen Euro mehr als zunächst kalkuliert. Maßgebliche Kostentreiber sind Änderungen beim Straßenbau, den Brücken, beim Lärmschutz und der Projektsteuerung. 22,3 Millionen Euro schießt das Land als Fördermittel zu. Generalauftragnehmer ist die Firma Papenburg.

Kameras gegen Spritdiebe

Die Berliner Straße wird die Europachaussee über eine Brücke passieren - sie ist eine von fünf Brücken, zwei von ihnen führen über Bahnanlagen. Andreas Hillscher und Heiko Beßler von der Firma MobilCam aus Markkleeberg installieren am Bauwerk an der Berliner Straße eine Überwachungskamera. Sechs Meter ist der Mast hoch, an dessen Ende sich die Kamera befindet. Sie sendet ein Live-Bild in die Leitstelle von MobilCam. „Das Problem hier sind Diebe, die Diesel aus den Baumaschinen abzapfen. Da kommen in einer Nacht schnell 1.000 Liter zusammen“, sagt Beßler.

Der Bau der Osttangente hatte 1998 begonnen. Die wichtige Entlastungsstrecke für die Hallesche Innenstadt gliedert sich in vier Bauabschnitte - drei sind seit 2007 fertig. Ende 2018 soll die insgesamt acht Kilometer lange Europachaussee erstmal komplett befahrbar sein. Vermutlich werden die Baukosten dann bei rund 100 Millionen Euro liegen. Für den Lückenschluss zwischen Büschdorf und der B100 müssen fünf Brücken errichtet werden. Das letzte, etwa drei Kilometer lange Teilstück wird nur eine Fahrspur pro Richtung bekommen. Größtenteils ist die Europachaussee vierspurig.

Die beiden Männer sind die Geschäftsführer des kleinen sächsischen Unternehmens. Und sie haben gut zu tun, wie sie erzählen. 70 Anlagen seien derzeit in der Vermietung. Die Kamera an der Berliner Straße ist die zweite für die Osttangente. 18 Kameras stehen auf der A72 zwischen Leipzig und Borna, 20 auf der Autobahnbaustelle zwischen Hamburg und Kiel. „Es wird alles geklaut: Von der Baumaschine über Werkzeug und Buntmetallkabel bis hin zum Sprit“, berichten sie. Was das System von MobilCam besonders mache, sei die Stromversorgung über Solar-Paneele. „Damit können wir die Kameras auch in der Pampa aufstellen“, sagt Hillscher.

Polier Tino Mecke ist derweil überzeugt, dass die Europachaussee ihren Zweck erfüllen wird. „Dann fehlt für Halle eigentlich nur noch eine wichtige Straße - die fertige A143“, sagt er. (mz )

Andreas Hillscher (links) und Heiko Beßler installieren an der neuen Brücke an der Berliner Straße eine solarbetriebene Überwachungskamera.
Andreas Hillscher (links) und Heiko Beßler installieren an der neuen Brücke an der Berliner Straße eine solarbetriebene Überwachungskamera.
Dirk Skrzypczak