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Objekt 5 in Halle Objekt 5 in Halle: Barfuß nach ganz hoch oben

Von Frank Czerwonn 21.11.2013, 21:02
Die Sängerin Eivør von den Färöer Inseln
Die Sängerin Eivør von den Färöer Inseln Objekt 5 Lizenz

Halle (Saale)/MZ - Mit 13 Jahren hat sie ihren ersten Fernsehauftritt, mit 17 veröffentlicht sie ihr erstes Solo-Album, dem sieben weitere folgen. Inzwischen ist sie 30, gewinnt Musikpreise, tritt mit Band, Bigband und Sinfonieorchester auf, tourt nicht nur durch Island und Dänemark, sondern gibt ausverkaufte Konzerte in fast ganz Europa und Nordamerika. Und trotzdem ist die Sängerin Eivør von den Färöer Inseln in Deutschland weitgehend unbekannt. Ein unfassbares Versäumnis - darin sind sich die rund hundert Gäste des Klubkonzerts im Objekt 5 Dienstagnacht einig.

Betörender Klangzauber

Nur von einem Musiker begleitet entfaltet Eivør, die auf ihren Nachnamen Pálsdóttir verzichtet, einen betörenden Klangzauber. Die schmale, blonde Frau singt nicht einfach. Ihre Stimme ist ein Instrument, das Seelenlandschaften bloßlegt. Mühelos schwingt sie sich in größte Höhen, changierend zwischen behütendem Engel und betörender Sirene - und klingt dennoch so klar und rein wie arktisches Eiswasser.

In den Liedern ihres neuen Albums „Room“ spielen Liebe, Dankbarkeit und die Färöer eine zentrale Rolle. „Cold Rain“ ist inspiriert vom dortigen Wetter, „denn wir haben ’ne Menge Regen“, erzählt sie. In „Green Garden“ wartet sie sehnsüchtig auf die Wiederkehr des Frühlings, während die Sonne noch schläft. Und in „Far Away“ - einer wunderbaren Hommage an ihren Vater - bittet sie ihn, ihr vor dem Einschlafen Geschichten zu erzählen und ihr zu sagen, was er so denkt. „Denn das ist lustig.“

Wenn Eivør singt, die Gitarrensaiten zupft oder eine Art Riesentamburin schlägt, ist sie ganz bei sich und ihrer Musik, agiert sie mit dem ganzen Körper. Und ist dennoch weit davon entfernt, eine Show abzuziehen. Barfuß, im einfachen schwarzen Kleid mit Spitzenärmeln steht sie auf der Bühne und ist sichtlich gerührt von den begeisterten Reaktionen des Publikums. Als wieder mal knatternde Handy-Störgeräusche aufflackern, meint sie lächelnd, man solle diese einfach als Teil der Musik verstehen. „Ein bisschen wie bei Kraftwerk“. Die deutsche Band habe sie erst vor zwei Wochen erlebt - fantastisch sei es gewesen. Und prompt scheinen im nächsten Song „Room“ die Synthesizer-Klimperer aus Kraftwerks Hit „Model“ auf.

Sound aus Unvereinbarem

Doch was für Musik macht Eivør denn nun? Skandinavien-Pop? Folk? Jazz? Trip-Hop? Die Frage ist überflüssig. Denn die 30-Jährige zaubert aus angeblich Unvereinbarem ihren Sound. Nordische Weisen und uralte Kirchenlieder, indianische Gesänge, arabische Klangmuster, ein bisschen Björk und Royksopp - all das kann man heraushören. Sie singt auf Färoisch, aber auch auf Englisch, Dänisch, Schwedisch und Isländisch. Und oft braucht es gar keine Worte. Für Gefühle reichen Laute - schnieksend, zirpend, krächzend, wispernd, klackend - und die Herzen der Zuhörern verstehen alles.

So manchen erinnert sie mit den hohen Stimmpassagen auch an Kate Bush. Für Eivør kein Problem: Wie als Antwort singt sie deren Hit „Hounds Of Love“ - schwebend leicht und kraftvoll in einem. Doch Eivør braucht weder Vergleiche noch Schubladen: Eivør ist Eivør. Mehr geht nicht.