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OB-Kandidat Martin Bochmann OB-Kandidat Martin Bochmann: Der Freigeist von Halle

Von Stefan Simon 01.10.2019, 08:00
Martin Bochmann tritt für die Satirepartei „Die Partei“ als Bewerber um den Oberbürgermeisterposten in Halle an.
Martin Bochmann tritt für die Satirepartei „Die Partei“ als Bewerber um den Oberbürgermeisterposten in Halle an. Silvio Kison

Halle (Saale) - In grauem Sakko, roter Krawatte und einem „Die Partei“-Button am Revers, sitzt Martin Bochmann rauchend in einer Sitzecke in der Bar „Zwei Zimmer, Küche, Bar“. Er hat den Ort für das Gespräch ausgewählt, weil er wie ein zweites Wohnzimmer für ihn sei. „Am Zapfhahn hängen zwei Aufkleber der Partei. In keiner anderen Kneipe kleben sie so prominent wie hier“, sagt er und lacht. Das mag wohl auch daran liegen, dass er den Besitzer seit zehn Jahren kennt.

Bis er vor sechs Jahren den Entschluss fasste, Parteimitglied zu werden, probierte der gebürtige Hallenser in seinem Leben schon so einiges aus. Er selbst bezeichnet seine Biographie eher als „krumm“ oder „planlos“. Dabei hatte Bochmann noch vor der Wende einen Plan: Archäologie studieren. Dafür benötigte er das Latinum. „Möglich war das aber nur in einer einzigen Schulklasse in der gesamten Region“, sagt Bochmann. Er schaffte es als einziger von vier Bewerbern, was er bis heute nicht wirklich begreifen kann.

„Ich hatte Angst um meine geistige Gesundheit.“

Nach der Wende war es dann vorbei mit dem Studienwunsch. „In der Zeit standen uns die Türen ja quasi offen, also machte ich einfach das, worauf ich Lust hatte.“ Um seine Eltern zu beruhigen, studierte er in Leipzig Jura. Allerdings hielt er es dort nicht lange aus: „Ich hatte Angst um meine geistige Gesundheit.“

Er wechselte die Fächer, doch damit war es nicht getan. Ein Freund vermittelte ihm während des Studiums einen Job als Tontechniker in der Moritzbastei. Eine Leidenschaft, wie sich herausstellte und die später auch seinen beruflichen Weg ebnen sollte. Mit Tönen und Musik kennt sich der 44-Jährige schließlich gut aus. Bochmann hat eine klassische Gesangsausbildung, war als Schüler im Stadtsingerchor in Halle sowie Keyboarder und Sänger in mehreren Bands.

„Ich hatte überhaupt keine Ahnung von Buchhaltung und so weiter“

Sein Studentenjob beanspruchte jedoch so viel Zeit, dass er keine Zeit mehr für die Uni hatte und brach daraufhin sein Studium ab. Aber das störte ihn nicht weiter, denn Bochmann verdiente schließlich gutes Geld. Als hätte der damals erst 21-Jährige nicht schon genug ausprobiert, fing er an, sich mit einem Musikladen selbstständig zu machen. „Ich habe das ohne Plan gemacht. Ich hatte überhaupt keine Ahnung von Buchhaltung und so weiter“, sagt er.

Der gebürtige Hallenser ist 47 Jahre alt, alleinstehend und kinderlos. In seiner Studentenbude, so wie er sie nennt, lebt er nicht ganz alleine. Seine einzigen Haustiere seien Hausstaubmilben. Hinter dem Haus hätten sich in den Bäumen Spechte einquartiert. Bochmann engagiert sich nebenbei ehrenamtlich im Peißnitzhaus. Dort berät er eine Theatergruppe. Für das Theater wird er demnächst selbst mit auf der Bühne stehen. Sein zweites Studium in Philosophie, Romanistik sowie Medien- und Kommunikationswissenschaften brach er nach kurzer Zeit ab. Sein jüngerer Bruder ist Physiker, seine Eltern sind Romanisten. Sein Vater war Professor an der Uni Leipzig, spricht mehr als sechs Sprachen und ist laut Bochmann bekannt als Übersetzer für die Bücher des italienischen Philosophen Antonio Gramsci.

Bochmann mietete einen Laden, stellte zwei Klappstühle sowie Kartons als Sitzgelegenheiten auf und bot den Kunden Kaffee an. „Das lief erstaunlich gut.“ So gut, dass der Laden sich zehn Jahre lang hielt. „Mit ohne Konzept“, wie Bochmann sagt. Nachdem es mit seinem Geschäft finanziell bergab ging und er es aufgeben musste, wagte Bochmann den Schritt zurück und drückte ein Jahr die Schulbank. Er schrieb sich für das Studium Audio Engineering ein und belegte den „Turbo-Kurs“, wie er sagt.

24 Monate ohne Ferien paukte er im „Kurs für die Irren“

24 Monate ohne Ferien paukte er im „Kurs für die Irren“. Seitdem ist Martin Bochmann freiberuflicher Tontechniker und will irgendwann mal noch den Master dranhängen, damit er sich Toningenieur nennen darf. Der 47-Jährige beteiligt sich noch heute nebenbei an Musikprojekten. Seine erfolgreichste Band spielte einen Mix aus Hard-Rock und Schlager. Deep Purple trifft auf Matthias Reim, Alice Cooper auf Howard Carpendale. „Das hat erstaunlich gut funktioniert, warum auch immer“, sagt er und lacht.

Zu seiner Motivation, warum er Oberbürgermeister werden will, antwortet Bochmann so, wie man es von einem Politiker einer Satirepartei erwartet: „Ich habe vor fünf Jahren in einem Interview gesagt, dass ich der nächste Oberbürgermeister werde. Dieses Versprechen halte ich.“ Martin Bochmann, ein Mann, der das Leben nicht ganz so ernst nimmt.

Zehn Fragen an den Kandidaten:

1. Was ärgert Sie an sich selbst?
Bochmann: Dass ich immer im denkbar unpassendsten Moment einen Hustenanfall bekomme.

2. Welche Ihrer Vorzüge werden kaum wahrgenommen?
Bochmann: Das wäre jetzt zu intim.

3. Was bringt Sie zur Verzweiflung?
Bochmann: Die Fragen hier  ....

4. Welche Person der Geschichte ist Ihnen sympathisch?
Bochmann: Martin Sonneborn

5. Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?
Bochmann: „Go east“ von Zaubi M. Saubert

6. Was ist Ihr Lieblingsgericht?
Bochmann: Ziemlich alles Japanische, zum Beispiel japanisches Barbecue. Das ist viel mehr als nur Sushi.

7. Welchen privaten Traum möchten Sie sich noch erfüllen?
Bochmann: Endlich einmal eine Solo-Platte aufzunehmen und zu produzieren. Beziehungsweise das ganze Material dazu durchzuhören, alleine das dauert Wochen.

8. Was ist für Sie Glück?
Bochmann: Kreativ arbeiten zu können. Kann ich sogar meistens. Hurra.

9. Worüber haben Sie zuletzt gestaunt?
Bochmann: Über die Aufzeichnung von „Kaisermania“. Fast nur scheußliche Musik. Gruselige, aus der Zeit gefallene Texte. Ein sehr sympathischer Sänger mit Haltung. Perfekter Ton. Licht und Video einfach atemberaubend. Perfekte Show, Da würde ich auch gern mal arbeiten.

10. Was würden Sie gern können?
Bochmann: Ein Event dieser Größe oder größer als Chefoperator fahren.

(mz)