1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halle
  6. >
  7. NS-Zeit verstärkt im Fokus

EIL

NS-Zeit verstärkt im Fokus

Von Steffen Reichert 06.03.2008, 15:00

Halle/MZ. - "Es ist der erklärte Wille der Stadt, offensiv mit ihrer Geschichte umzugehen und auch weiter vielfältige Aufarbeitungsinitiativen zu unterstützen", sagte Stadtsprecher Steffen Drenkelfuß auf dem vom Verein "Zeitgeschichte(n)" veranstalteten Forum.

Zugleich sprach er von einer "kommunikativen Fehlleistung" der Stadtverwaltung, indem man die Recherchen des Journalisten Nico Wingert über das KZ am Goldberg nicht nur nicht unterstützt, sondern faktisch behindert habe. Drenkelfuß entschuldigte sich öffentlich.

Wingert hatte in einer Reportage Forschungsergebnisse des Mötzlichers Albert Osterloh öffentlich gemacht, wonach es ab 1944 in Halles Osten eine Außenstelle des KZ Buchenwald gegeben habe. In dem KZ, das im öffentlichen Bewusstsein bis dahin nicht bekannt war, waren rund 500 Häftlinge für die Arbeit in den nahen Siebel-Flugzeugwerken interniert. Nach Bekanntwerden der Vorgänge hatte Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados (SPD) angekündigt, innerhalb des nächsten Jahres Forschungsergebnisse vorzulegen.

Stadtarchiv Ralf Jacob kündigte am Mittwochabend an, entsprechende Forschungen weiter voranzutreiben. Sie sollen erstmals zum Holocaust-Gedenktag 2009 präsentiert werden. Unklar sei im Moment die Form des Erinnerns, da das einstige KZ-Gelände heute eine weit abgelegene Fläche in Halles Osten sei. "Die Aufarbeitung wird Monate und wahrscheinlich Jahre brauchen", sagte er und warb zugleich für eine exakte Untersuchung zu den verschiedenen Lagern. Es dürfte "keine abgestufte Wertung des Leids der NS-Opfer" geben. In den Flugzeugwerken waren neben KZ-Häftlingen auch Fremdarbeiter und Kriegsgefangene eingesetzt. Jacob plädierte zugleich für eine "Positionierung des Stadtrats zu dem Thema". Auch Steffen Thater vom Stadtmuseum sicherte die Unterstützung des Vorhabens zu, man habe sich bereits in der Vergangenheit mit dem Thema beschäftigt.

Unterdessen kündigte die Gedenkstätte "Roter Ochse" an, mit einem weitergehenden Projekt die NS-Zeit in Halle aufzuarbeiten. So werde derzeit ein Internetprojekt entwickelt, das alle Stätten nationalsozialistischen Unrechts in der Saalestadt darstelle. Bislang könne man 75 entsprechende Lager nachweisen. "In mindestens 50 Lagern sind Menschen zu Tode gekommen", sagte der Historiker Michael Viebig von der Gedenkstätte. Er verwahrte sich aber gegen Vorwürfe, dass in Halle oder in ostdeutschen Kommunen überhaupt in Sachen NS-Zeit weggeschaut werde. "Der ,Rote Ochse' ist der beste Gegenbeweis dafür", so Fiebig.