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Neue Härte gegen Rechts Neue Härte gegen Rechts: Identitäre Bewegung in Halle - "Hausprojekt" im Fadenkreuz

Von Jan Schumann 12.07.2019, 08:00

Halle (Saale) - Der Verfassungsschutz erhöht den Druck und stuft die Identitäre Bewegung in Deutschland (IB) als rechtsextremistisches Beobachtungsobjekt ein.

„Als Frühwarnsystem dürfen wir unser Augenmerk nicht nur auf gewaltorientierte Extremisten legen, sondern müssen auch diejenigen im Blick haben, die verbal zündeln“, sagte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Thomas Haldenwang, am Donnerstag. Die Bewegung betreibt eine ihrer Zentralen in Halle. Mehrfach traten Mitglieder drohend und gewalttätig in Erscheinung.

Die Einstufung als Beobachtungsobjekt bedeutet, dass die Bewegung mit dem kompletten Instrumentarium an nachrichtendienstlichen Mitteln beobachtet werden darf - etwa mit Observationen und mittels angeworbener Informanten.

Vom prügelnden, Glatze tragenden Neonazi alter Prägung setzt sich die Identitäre Bewegung bewusst ab. Ihre Aktivisten geben sich bürgerlich, hip und intellektuell. Antisemitismus und der „Hitler-Gruß“ zählen nicht zum Repertoire der Gruppe, die Slogans wie „Defend Europe“ (Verteidige Europa) geprägt hat. Im deutschsprachigen Raum gilt der Österreicher Martin Sellner als wichtigste IB-Führungspersönlichkeit. Erkennungszeichen der IB ist das griechische Lambda-Zeichen in Schwarz-Gelb.

Laut Verfassungsschutz zielen die Positionen der IB letztlich darauf ab, „Menschen mit außereuropäischer Herkunft von demokratischer Teilhabe auszuschließen und sie in einer ihre Menschenwürde verletzenden Weise zu diskriminieren“. Für die IB könnten „Menschen ohne gleiche ethnische Voraussetzungen“ niemals Teil einer gemeinsamen Kultur sein. Dies ist aus Sicht des Verfassungsschutzes nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. In Deutschland hat die IB nach Einschätzung des Verfassungsschutzes rund 600 Mitglieder, 60 davon in Sachsen-Anhalt.

Eine der wichtigsten Zentralen steht in Halle in unmittelbarer Nähe zum Uni-Campus. Das „Hausprojekt“ gilt als rechtes Vernetzungszentrum. Auch der AfD-Abgeordnete Hans-Thomas Tillschneider hatte dort zeitweilig ein Büro. Regelmäßig ist das Haus Ziel von Farbbeutelattacken, Anwohner wehren sich gegen die Präsenz der Extremisten.

Entgegen der IB-Propaganda agierten Identitäre in Halle seit 2015 teils drohend und gewaltbereit. Eine Eskalation hatte es Ende 2017 gegeben: IB-Mitglieder sollen in direkter Nähe zum Haus zwei Zivilpolizisten angegriffen haben.

Um sich zu schützen, mussten die Beamten ihre Dienstwaffen ziehen. Laut Polizei waren die Angreifer - damals 27 und 29 Jahre alt - maskiert und mit Helm, Schutzschild und Baseballschläger ausgerüstet. Der lange vorbereitete Gerichtsprozess gegen die zwei Männer und eine mitangeklagte Frau war jüngst kurzfristig verschoben worden. Ihnen wird auch zur Last gelegt, erlaubnispflichtige Waffen ohne Genehmigung besessen zu haben. Es geht um Präzisionsschleudern, für die laut Waffengesetz eine Erlaubnis nötig ist.

Möglicherweise handelt es sich bei den Waffen um Fundstücke, die Polizisten bei einer Razzia im IB-Haus sichergestellt haben. Vermummte Polizisten hatten das Gebäude am Campus 2017 durchforstet und Speichermedien beschlagnahmt. Der Prozess könnte im Herbst stattfinden.

Der Verfassungsschutz in Sachsen-Anhalt begrüßte am Donnerstag die Entscheidung in Berlin. Es sei das „logische Ergebnis“ eines gründlichen Prüfprozesses, hieß es auf MZ-Anfrage. Die Landesbehörde habe mit ihren erlangten Informationen und Auswertungen einen Beitrag geleistet. Innenpolitiker in Sachsen-Anhalt forderten nun Härte gegen die IB. (mz)