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MZ vor Ort in Holleben MZ vor Ort in Holleben: Windpark-Projekt im Gegenwind

Von Ralf Böhme und Kathrin Steinmetz 08.08.2001, 18:43

Holleben/MZ. - Trubel wie lange nichtherrschte gestern an der Historischen Mühlein Holleben. Die Aktion "MZ vor Ort" wirkteauf viele Einwohner wie ein Magnet. Auf derBrücke vor dem Baudenkmal kamen viele Themenzur Sprache, die den 1700 Bürgern der Saalkreis-Gemeindeauf den Nägeln brennen - die größten Problemebereiteten der geplante Windpark und die überlasteteOrtsdurchfahrt.

Nur zwei Sprecher, Erich Zeidler und WolfgangSchieber, unterstützten bei "MZ vor Ort" dasWindpark-Projekt. Ihre Hauptargumente: Windenergiesei umweltschonend und kostengünstig. DieKritiker des Vorhabens waren in der klarenÜberzahl. Viele der Familien, die in den neunzigerJahren dort ihr Eigenheim errichteten, fühlensich vom Gemeinderat arg getäuscht. Einigesspreche dafür, so Klaus Hennig weiter, dasses damals Verhandlungen über den Windparkgegeben habe, die den Bauwilligen aber offenbarverschwiegen worden seien. Es gehe, so weitbisher bekannt sei, um die Errichtung von21 Windrädern mit einer Gipfelhöhe von 139Metern. Holleben würde damit Anlagen erhalten,die gigantischer seien als der Schornsteindes neuen Buna-Kraftwerkes.

Ob das Windpark-Vorhaben weiter voran getriebenwerden kann, hängt unter anderem von einerEntscheidung des Landratsamtes ab. Das Geländespielt auch in den Planungen von Dow Chemicaleine wichtige Rolle. Der Chemie-Großinvestorbesitzt dort seit längerer Zeit das Bergrecht(die MZ berichtete). Martina Koch, Sprecherinder örtlichen Bürgerinitiative, kündigte an:"Sollte der Gemeinderat eine Baugenehmigungerteilen, werden wir alle rechtlichen Möglichkeitenausschöpfen, um das Projekt zu stoppen." Manfordere den Gemeinderat zu einer konstruktivenZusammenarbeit auf, um drohenden Schaden vonder Kommune abwenden zu können. Es sei sicherkein Zufall, dass seit Bekanntwerden des Windpark-Projekteskaum noch Eigenheime errichtet würden.

Astrid Löwer wohnt schon seit fast 10 Jahrenin der Thomas-Müntzer-Siedlung. Blieben diePlanungen unverändert, würde sie selbst vomBett aus die riesigen Windräder im Blickfeldhaben. Lärm, Elektrosmog und das nervige Drehender Rotoren hätten, so ihre Auffassung, nachteiligeAuswirkungen auf die Gesundheit. Aus diesenGründen müsse der umstrittene Standort desWindparks "verschoben" werden, zumindest hinterdie Trasse der künftigen Westumfahrung vonHalle, der A 143. Gemeinderatsmitglied IsoldeMertin unterstützte diese Ansicht. Nach ihrenErfahrungen sei dies auch die mehrheitlicheAuffassung unter den Gemeindevertretern. Mansei an das Regierungspräsidium in Halle herangetreten,damit das ausgewiesene Windpark-Gelände nocheinmal überprüft werde.

Mit einem unbeschwerten Zwischenruf lösteder elfjährige Robert Parthier eine ganz andereDebatte aus. Der Junge sagte: "Ich kann schlechteinschlafen, weil es in Holleben so laut ist."Sonst sei alles prima bei Opa Johannes, beidem der Schüler aus Brandenburg derzeit seineFerien verbringt. "Aber gegen den Straßenlärmmüsste was getan werden."

Christel und Heinz Graneis stimmten dem Kindvoll uns ganz zu. Das Ehepaar wohnt seit 1961direkt an der Ortsdurchfahrt. "Wenn die schwerenLaster nachts durch das Dorf brausen, scheppertes in der ganzen Wohnung." Nach ihren Schätzungenerreichen die Fahrzeuge bis zu 100 Kilometerpro Stunde.

Siegfried Theiß (PDS), der bei der jüngstenBürgermeisterwahl die meisten Stimmen erhielt,sagte: "Holleben braucht ein Tempo-Limit,dessen Einhaltung kontrolliert wird." Einespürbare Entlastung, sagte er, bringe abererst die Freigabe der neuen A 143.

Darauf werde man noch lange warten müssen,meinte Torsten Helzel. Der Familienvater nanntees einen Schildbürgerstreich, wenn die Fußgänger-Ampelam Wochenende außer Betrieb gesetzt werde.Seine Tochter müsse, um auf den Spielplatzzu kommen, die Ortsdurchfahrt überqueren."Das ist ohne Ampel lebensgefährlich."