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Multimediazentrum Multimediazentrum: Nasses Millionen-Grab

Von Michael tempel 12.06.2013, 20:06

halle/MZ - Nach dem verheerenden Hochwasser gibt es erstmals für ein betroffenes Unternehmen in Halle und Umgebung konkretere Schadensangaben: Im Mitteldeutsche Multimedianzentrum MMZ, in dem 62 Firmen mit in Spitzenzeiten bis zu 600 Mitarbeitern eingemietet sind, sollen es nach MZ-Informationen zwischen fünf und 20 Millionen Euro sein. Damit dürfte das MMZ der am stärksten von der Flut heimgesuchte Wirtschaftsstandort der Region sein.

Liste der Grausamkeiten

Offiziell wollen bislang weder MMZ-Geschäftsführer Andreas Nowak noch Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) Zahlen nennen. Die Gesellschaft, die das Gründerzentrum MMZ betreibt, ist eine 100-prozentige Tochter der Stadt. „Wir sind dabei, die Schäden aufzunehmen. Danach werden wir sehen, woran wir sind“, sagte Wiegand. Nach MZ-Recherchen ist die Schadensliste eine Liste der Grausamkeiten: Allein die MMZ-eigene Kino-Tonmischanlage im Dienstag noch überfluteten zweiten Tiefgeschoss sei nicht mehr zu gebrauchen und schlage mit 1,6 Millionen Euro zu Buche. Weitere 1,8 Millionen  Euro Schaden seien im Akkustikraum auf der selben Ebene entstanden. Großen Schaden hätten zudem zentrale Haustechnikanlagen genommen (Belüftung, Strom und Telefon ...), die in noch tiefer liegenden Ebenen installiert sind. Die Firma Metrix, die im Erdgeschoss auf etwa 700 Quadratmetern eingemietet ist, habe durch die Flut Technik und Inventar von mehreren 100 000 Euro eingebüßt. Die Firma hat bereits für TV-Serien wie „Tatort“ und „Polizeiruf 110“ die Tonmischung vorgenommen. Mit 200 000 Euro beziffert Robert Lacroix, Chef der gleichnamigen Filmproduktionsfirma, die Schäden seines Unternehmens. Insgesamt sind laut MMZ-Chef Nowak zehn Firmen überflutet worden.

Übergangsquartiere bis August

Das MMZ ist derzeit ohne Strom und Telefon. Wie Nowak Dienstag bei einem Besuch von Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) sagte, könne frühestens ab August in dem Objekt wieder gearbeitet werden. Bis dahin müssten die Firmen Übergangsquartiere nutzen. Rösler, der sich auch über die Hochwasserfolgen an der Eissporthalle und im Lokal „Krug zum grünen Kranze“ informierte, zeigte sich betroffen von der Lage im MMZ. „Das ist erschütternd. Daran hängen Existenzen.“ Der Vizekanzler machte Betreibern und Mietern Hoffnung auf schnelle Hilfe. Rösler verwies auf ein vom Bund aufgelegtes und von den Ländern kofinanziertes Sofortprogramm über insgesamt 200 Millionen Euro. Hinzu komme ein Programm mit zinsgünstigen Krediten und Nutzung von EU-Fördertöpfen. „Das alles steht Unternehmen, Privatleuten und Kommunen offen“, so Rösler. Zudem erwäge die Bundesregierung die Bildung eines Hilfsfonds wie zum Hochwasser 2002.

Trotzdem: Die Flut trifft das 35 Millionen Euro teure MMZ, das als Kinderstube für Medienfirmen dient, zur Unzeit. Seit Eröffnung 2007 wurden Defizite erwirtschaftet, die die Stadt ausgleichen musste. Ein Zuschuss-Grab. Zuletzt aber schickte man sich an, schwarze Zahlen zu schreiben. „Das Hochwasser war ein K.-o.-Schlag“, so Nowak.