Moritzburg Moritzburg: Sonderausstellung zeigt Deckenbilder von Karl Völker

HALLE (Saale)/MZ - Das vielleicht erstaunlichste Bild der neuen Sonderausstellung in der Moritzburg ist ein neun Quadratmeter großes, fast monochromes blaues Quadrat. Aber was für ein tiefes, wuchtiges Blau das ist! In der Mitte hat die Leinwand ein kleines Loch: Denn unter dieser Tafel hängt normalerweise der Kronleuchter der Dorfkirche Schmirma, einem Ortsteil von Mücheln. Die blaue Leinwand ist gleichsam die Mitte, der Himmel, der beeindruckenden expressionistischen Deckenausmalung von Karl Völker.
Der Auftrag der Kirchgemeinde 1921 war klar: Im „Geist der Moderne“ sollte Karl Völker im die Decke und den gesamten Kirchenraum ausmalen. Und das hat der Maler getan, in einer intensiven expressionistischen Farbigkeit, wie sie seinesgleichen schwerlich findet. Völker schuf dabei insgesamt 14 Deckengemälde zur Passionsgeschichte, elf auf Leinwand, drei malte er direkt auf der Holzdecke. Außerdem entwarf der Hallenser das Farbkonzept für das kleine Gotteshaus. Diese Gesamtgestaltung dürfte für Deutschland die einzige erhaltene expressionistische Bildausstattung einer Kirche sein.
Expressionistischer Bilderschatz
Diese elf Deckentafeln werden derzeit im Landeskunstmuseum Moritzburg für eine tatsächlich einzigartige Sonderausstellung vorbereitet. Ihr Titel: „Karl Völker. Heilige Geschichten. Der Expressionistische Bilderschatz aus Schmirma.“ Aufgerollt sind die Leinwände im halleschen Museum angekommen, auf den Spannrahmen hätte man sie nicht aus der Kirche herausbekommen. In der Moritzburg werden sie derzeit wieder auf die Rahmen gezogen. Die Schau bietet die einmalige Gelegenheit, die gewaltigen Tafeln aus der Nähe zu betrachten. Normalerweise befinden sie sich in etwa acht Metern Höhe an der Decke.
Bilder sind teilweise beschädigt
Die Gemälde wurden aber nicht etwa eigens für die Ausstellung abgebaut. Sie mussten herunter, weil das Dach der Kirche repariert wird. Und weil sie bedroht sind. „Die Leinwände sind an vielen Stellen beschädigt, teilweise zerstört. Es gab Wasserschäden und Verfärbungen durch den Ruß der Kohleheizung. Bisher ist es gelungen, die besonders stark beschädigten Eckbilder zu restaurieren“, sagt Klaus Völker. Der Maler ist treibender Motor einer Initiative, die sich seit Jahren für den Bilderschatz seines Großvaters in Schmirma engagiert. Alle Bilder zu restaurieren, das kostet rund 100.000 Euro. Die Initiative hat immerhin schon 42.000 Euro aufgebracht.
In der Moritzburg wird ein Teil der Kunstwerke in restauriertem, der andere in versehrtem Zustand gezeigt. „So kann auch der Prozess der Restaurierung nachvollzogen werden“, sagt Wolfgang Büche, Leiter der Moritzburg-Sammlungen. Weitere Unterstützung für die Restaurierung zu finden, ist eines der erklärten Ziele dieser ungewöhnlichen Karl-Völker-Schau. Um sie zu realisieren, haben die Stiftung Moritzburg, das Landesdenkmalamt, die Kirchgemeinde und die Karl-Völker-Initiative zusammengearbeitet. Für Michael Freitag, Direktor des Kunstmuseum Moritzburg, ist die Sonderschau auch Teil einer Neuorientierung der Stiftung Moritzburg. „Als Landeskunstmuseum wollen wir künftig stärker auch auf die noch verborgenen Kunstschätze in der Region hinweisen.“
Die Ausstellung wird am 17. Oktober um 18 Uhr eröffnet.

