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Liegeprobe vor dem Ratshof Liegeprobe vor dem Ratshof: Wie es mit dem Projekt Altes Rathaus weitergehen soll

Von Katja Pausch 04.03.2021, 10:30
Die Computersimulation zeigt, wo das Barockflügelportal des Alten Rathauses nach seiner Fertigstellung seinen Platz finden soll.  Foto: BI/Steffen Roob
Die Computersimulation zeigt, wo das Barockflügelportal des Alten Rathauses nach seiner Fertigstellung seinen Platz finden soll.  Foto: BI/Steffen Roob Silvio Kison

Halle (Saale) - Die Bürgerinitiative Altes Rathaus kann bei ihrem ehrgeizigen Vorhaben nun einen weiteren Erfolg verbuchen: Eine der beiden tragenden Säulen des Barockflügel-Portals ist jetzt nach historischem Vorbild fertiggestellt worden - und damit ein weiterer Meilenstein, das Barockportal des Alten Rathauses der Stadt Halle an historischer Stelle wiederauferstehen zu lassen, erreicht.

Am Mittwochmorgen hatte das knapp zwei Tonnen schwere und 3,80 Meter lange Portal-Element auf einem Lkw seinen Weg aus der Werkstatt des Dresdner Steinmetz’ Sven Schubert nach Halle angetreten. Bevor es wie weitere bereits restaurierte, aber auch neue Steine an einen „sicheren Ort“ gebracht werde, so Ulrich Schröder, sollte es am künftigen Standort des Portals vor dem Ratshof schon mal einen ersten öffentlichen „Probe-Auftritt“ geben. Schröder, Vorsitzender der Bürgerinitiative, nutzte dabei die Gelegenheit, zahlreichen neugierigen Passanten das Ziel der Bürgerinitiative Altes Rathaus zu erläutern.

„Reine Arbeitszeit waren etwa drei Wochen“

Steinmetz Schubert, eigentlich Hallenser und seit 1988 mit seiner Werkstatt in Dresden ansässig, hat die Säule aus einem rund vier Tonnen schweren Rohling aus Warthauer Sandstein, einem bauhistorisch bedeutenden Baumaterial, herausgearbeitet. „Reine Arbeitszeit waren etwa drei Wochen“, so Schubert. „Die jetzt fertiggestellte Säule ist die rechte der beiden Säulenelemente, die damals das Original des Barockportals verziert haben“, so Schubert.

Die linke Säule, erklärt Schröder, habe damals die Zerstörung überstanden und konnte restauriert werden - ebenso wie zahlreiche weitere Steine des Portals, das im Krieg zwar nur teilweise beschädigt worden war, aufgrund von kulturpolitischen Fehlentscheidungen der Stadtverwaltung und entgegen zahlreichen Protesten aus der halleschen Bürgerschaft aber nach Kriegsende bis 1950 abgerissen wurde.

„Auch das schaffen wir“

Kein Zufall beim kurzen Zwischenstopp des schwergewichtigen Transports war es übrigens, wo der Lkw gehalten hatte: „Genau hier, eingangs der Leipziger Straße, war der Originalstandort des Portals, und hier soll es auch wieder hin“, so Schröder. Der Standort folge denkmalpflegerischen Erwägungen, daher komme ein anderer Standort nicht in Frage - auch nicht angesichts aufgetretener Probleme: Im Untergrund verläuft eine wichtige Versorgungsleitung, deren Verlegung dem Verein jetzt zusätzliche Kosten verursacht.

Schröder indes ist zuversichtlich: „Auch das schaffen wir“, so Schröder, der betont, dass für das Vorhaben kein einziger Euro aus öffentlichen Mitteln eingesetzt werde. „Unser Projekt lebt vom bürgerschaftlichen Engagement und von Spenden“, so Schröder. Auch Herstellung und Transport der fertigen Säule sind einem Spender zu verdanken: Michael Wichmann, Geschäftsführer der Landsberger Bohrgesellschaft und zugleich Mitglied der Bürgerinitiative, hat die Kosten von knapp 10.000 Euro übernommen.

„Diese Finanzierung steht“

125.000 Euro hat der Verein bisher für die Restaurierung erhaltener Portalsteine und die Nachbildung fehlender Steine einwerben können. „Diese Finanzierung steht“, so Schröder. 150.000 Euro müssen nun zusätzlich zu den Kosten für die Errichtung des Portals in Höhe von 83.000 Euro aufgebracht werden, und auch der Termin der Übergabe am 3. Oktober wird sich laut Schröder verschieben. Für die Aufstellung des Portals und die notwendig gewordenen Kosten zur Verlegung der Hauptversorgungsleitung sei der Verein weiter auf Spenden angewiesen.

Mehr zum Vorhaben der Bürgerinitiative auf halles-altes-rathaus.de

Das Alte Rathaus

Bereits 1312 wurde auf dem halleschen Marktplatz ein Rathaus als Fachwerkbau errichtet, 1341 wurde auf dem Grundstück der Ratswaage ein Archivturm gebaut, in dem bis 1835 die städtischen Privilegien sicher verwahrt wurden. 1466 wurde mit dem Bau eines massiven Rathauses begonnen, 1501 erhielt es einen Treppenturm. Ab 1558 leitete Baumeister Nickel Hoffmann die Renaissance-Überformung des Alten Rathauses. 1573 bis 1581 wurde das Fachwerk-Waagegebäude durch einen massiven Bau ersetzt. Zwischen 1694 und 1834 diente die Ratswaage, eigentlich Versammlungs- und Hochzeitshaus der Bürger, als Hauptgebäude der Universität.

Ein Barockbau mit prächtigem Portal ersetzte 1702 den im 16. Jahrhundert erbauten Südflügel des Alten Rathauses in der Leipziger Straße. 1928/29 wurde hinter dem Alten Rathaus der Ratshof errichtet, im Zweiten Weltkrieg zerstörten Bomben 1945 Ratswaage und Altes Rathaus teilweise, der Barockflügel in der Leipziger Straße blieb nahezu unversehrt. (mz)