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Im Schatten der Scheibe Im Schatten der Scheibe: Am Samstag feierte sich der Stadtteil selbst

Von Oliver Müller-Lorey 04.09.2017, 12:11
Erika und Rudi Gröber wohnen seit 1971 in Neustadt - in derselben Wohnung.
Erika und Rudi Gröber wohnen seit 1971 in Neustadt - in derselben Wohnung. Winkler

Halle (Saale) - Halles größter Stadtteil hat sich am Samstag selbst gefeiert. Zum 23. Mal fand zwischen Einkaufszentrum, Passage und den Hochhausscheiben das Sommerfest des Halle-Neustadt-Vereins statt. Alles wie immer also? Nicht ganz. Denn es schien so, als blickten ungewöhnlich viele Besucher hinauf zur maroden Scheibe A, über die die Hallenser am 24. September in einem Bürgerentscheid abstimmen werden. Soll die Verwaltung in die Scheibe einziehen oder nicht?

Auch wenn es beim Neustadt-Fest am Samstag weniger um Politik und mehr um Kinderchöre, Tanzgruppen und die Präsentation verschiedener Unternehmen ging, so spielte die Frage nach der Scheibe dennoch eine Rolle. „Es ist schade, dass die Scheibe so verkommt. Sie ist ein Stück von Neustadt“, sagte etwa Nicole Lessing. Sie halte einen Abriss inzwischen für die bessere Lösung, statt die Scheiben weiter verrotten zu lassen. Neustadt liege ihr noch immer sehr am Herzen, obwohl sie mittlerweile im Saalekreis lebt.

Halle-Neustadt: Wird Scheibe A saniert und bezogen

Wie schön und lebendig der sonst eher wenig besuchte Platz neben dem Einkaufszentrum sein kann, das wurde am Wochenende deutlich. Auf einer Bühne führten Kindergärten und Schulen Tanzvorführungen auf, ein Moderator führte durch das kinderfreundliche Nachmittagsprogramm und am Abend trat ein Micky Krause-Double auf.

Viel Trubel, der zur Normalität werden könnte, wenn die Scheibe A bezogen würde, meint Andreas Schachtschneider (CDU), die treibende Kraft hinter dem Bürgerbegehren. „Das Fest ist auch ein Argument: So viel könnte hier los sein.“ Für die Entscheidung am 24. September sei er guter Dinge, „aber wie die Bürger entscheiden, ist offen“.

Viele der Besucher am Samstag stammten selbst aus Neustadt, wuchsen hier auf oder wohnen noch immer im Westen Halles. Und die meisten kannten die Scheiben noch im Neuzustand. So war es kein Wunder, dass besonders eine Foto-Ausstellung auf dem Fest die Besucher anzog: Der Neustadt-Verein hatte um Fotos der Scheibe A gebeten und zahlreiche Zuschriften bekommen.

Über Nutzung der Scheiben solle lieber die Politik entscheiden und nicht die Bürger

Auch am Tag des Festes selbst brachten die Besucher Postkarten und Privatfotos aus jenen Zeiten mit, als die Scheibe noch als modern galt. Entsprechend wehmütig blickten Rolf und Brigitte Kanitz auf die auf A1-Format vergrößerten Aufnahmen. Rolf Kanitz hatte damals die Scheiben und andere Hochhäuser in Neustadt aufgebaut. Von der bisherigen Entwicklung der Scheiben ist er enttäuscht.

„Das sind doch alles nur Spekulanten“, meinte er. Doch auch vom möglichen Erfolg des Bürgerentscheids ist er nicht überzeugt. Die Entscheidung über die Nutzung solle man lieber der Politik überlassen, die den Überblick über all die Zahlen habe und nicht den Bürgern, meinte er. Einig waren sich hingegen alle Besucher, auch Kanitz, über den Erfolg des Neustadt-Festes. „Für die Kinder ist es wirklich schön. Hier ist wieder etwas los“, sagte er.

Und viele Besucher lobten es als gute Möglichkeit, seine Nachbarn im größten Stadtteil Halles ein bisschen besser kennenzulernen. Im Schatten der Scheibe. (mz)