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Halle Halle: Rein ins Haus und wieder raus

Von Silvia Zöller 16.11.2012, 21:05

Halle (Saale)/MZ. - Es soll eins der spektakulärsten Wohnprojekte in der Stadt Halle werden: die alte Malzfabrik an der Merseburger Straße in unmittelbarer Nähe des Thüringer Bahnhofs und des Justizzentrums. Doch jetzt müssen die Bewohner, die schon als Erste von insgesamt rund 70 Parteien ihre Wohnung in dem Industriedenkmal bezogen haben, wieder ausziehen: Die Stadtverwaltung hat den Bauherren in dieser Woche eine Nutzungsuntersagung zugeschickt.

"Die Rettungswege sind nicht sichergestellt", begründet Baudezernent Uwe Stäglin diesen drastischen Schritt. Anders als im Konzept und in der Baugenehmigung vorgesehen, seien keine Fluchtmöglichkeiten für die Bewohner vorhanden - große Teile der Malzfabrik sind noch Baustelle, nur einige Wohnungen sind derzeitig fertiggestellt. "Wer will da die Verantwortung übernehmen, wenn etwas passiert?", fragt Stäglin.

Bis zum 30. November gilt das Verbot aus dem Rathaus. "Bis dahin darf niemand die Räume zu Wohnzwecken nutzen", so der Dezernent. Was aber nicht heißt, dass alle ihre Sofas und Schränke heraustragen müssen - nur wohnen und leben darf hier bis dahin niemand. Nun seien die Bauherren gefragt, in Zusammenarbeit mit der Feuerwehr eine Lösung zu erarbeiten. Denkbar sei etwa auch ein Gerüst, über das die Bewohner das Gebäude im Brandfall verlassen könnten, erläutert der Baudezernent. Auch wenn Gebäude meist erst bezogen werden, wenn sie fertig gestellt sind, seien während der Bauphase auch Provisorien als Fluchtwege zulässig - wenn sie denn vorhanden sind.

Auf MZ-Nachfrage wollten die Bauherren Manfred Ferbert und Torsten Hahn in den letzten Tagen und auch am Freitag keine Stellungnahme zu den Problemen am Bau abgeben. Im April hatten sie dagegen ihr Projekt ausführlich erläutert: Auf 12 000 Quadratmetern Fläche sollen in einer ersten Bauphase 74 Wohnungen, Lofts und Maisonette-Wohnungen in den historischen Mauern entstehen. 110 weitere Wohnungen, so der Plan, werden ab 2013 im zweiten Abschnitt gebaut. Zu einem Tag der offenen Tür hatten die Bauherren zudem im Mai eingeladen - mit großer Resonanz.

Insgesamt zwölf Millionen Euro wollen Ferbert und Hahn in die Ende des 19. Jahrhunderts entstandene Malzfabrik investieren. Geplant sind Wohnungen im gehobenen Standard mit Massivholzböden, teilweise barrierefrei und unter Freilegung historischer Bauteile wie Holzbalken. Zuletzt hatten die Bauherren den Wohnpark am Zoo errichtet. Sie berufen sich auf 20 Jahre Erfahrung im Bau.

Wie viele Mieter von dem Nutzungsverbot betroffen sind, blieb am Freitag offen. Mehrere Bewohner, die anonym bleiben möchten, meldeten sich jedoch bei der MZ und berichteten von massiven Baumängeln und nicht eingehaltenen Einzugsterminen. "Unsere Wohnung ist überhaupt noch nicht fertig, obwohl wir diesen Monat einziehen wollten", so eine der Betroffenen. Nicht, dass es hier noch ein paar Kleinigkeiten einzubauen gebe - vielmehr sei ihre Wohnung noch eine komplette Baustelle. Ein anderer Mieter berichtet, dass den Betroffenen Ausweichquartiere in Hotels angeboten worden seien. Erfreut sei darüber aber niemand - nur wenige Wochen nach dem Einzug. Ebenso wundern sich die Bewohner über das Baustellen-Management: "Es wird mal hier und mal da gebaut. Das wirkt nicht koordiniert, sondern chaotisch", erzählt eine weitere Betroffene, die ebenfalls anonym bleiben möchte.