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Halle Halle: Patientenschock jetzt in den Apotheken

Von MICHAEL DEUTSCH 01.09.2010, 17:35

HALLE/MZ. - "Rund 5 000 Medikamente sind plötzlich kostenpflichtig geworden und bis zu zehn Euro teuer. Ich stehe selbst überrascht vor dem Rechner", sagt Apotheker Bernhard Fürst von der Sankt-Georg-Apotheke, der einer Kundin die Rechnung präsentiert. Auch der Wirkstoff "Omeprazol", ein Magensäurehemmer, der bislang immer zuzahlungsfrei über seine Theke ging, kostet seit Mittwoch fünf Euro.

"Das kann jetzt nicht wahr sein - oder?", fährt die junge Frau ungläubig den Apotheker an. Von einer Neuregelung wisse sie nichts. Und noch bevor sie zum Portemonnaie greift, wird diskutiert. "Dieser Staat bedient sich immer mehr bei den kleinen Leuten", macht sich die junge Frau Luft, die ihren Namen nicht nennen will. Seit drei Jahren leide sie schwer an Morbus Crohn, einer chronischen entzündlichen Magen-Darm-Erkrankung. Einen ganzen Medikamenten-Mix benötige sie und müsse schon für die anderen Präparate zuzahlen.

Seit Mittwoch nun auch noch für das Magenpräparat. Von dem benötige sie pro Monat eine Packung. "Im Jahr sind das 60 Euro mehr", sagt die Kundin, die als Zahnarztschwester dafür mehr als einen Tag arbeiten gehen muss.

Auch Bernhard Fürst fühlt sich unwohl. "Jetzt tobt das Volk bei mir im Laden", sagt der Pharmazeut. "Auf den ersten Blick sieht es so aus, als ob ich mir selbst die fünf Euro einstecke." Doch die Wahrheit sei: "Die Krankenkassen greifen den Leuten in die Tasche."

Rezeptpflichtige Medikamente, erklärt Fürst, sind immer dann zuzahlungsbefreit, wenn die Pharmaunternehmen sie um ein Drittel billiger anbieten, als zum so genannten Festpreis. Über Festpreise legen Krankenkassen fest, wie viel Geld sie überhaupt bereit sind, für ein Präparat auszugeben. "Nun haben die Krankenkassen einfach die Festpreise herabgesetzt", sagt der Apotheker. Was passiert, ist klar: Die Medikamente kosten immer noch gleich viel, aber sind jetzt zuzahlungspflichtig geworden.

Doch kaum jemand von den Kunden kennt diese Neuregelung. Auch für Erika Hansch, die in die Apotheke kommt, ist sie neu und allemal zu kompliziert. Zumindest zeigt sich die Rentnerin schmerzerprobt. "Preise schocken mich schon lange nicht mehr ", sagt die 72-Jährige. Sie braucht nur eine Salbe, rezeptfrei versteht sich. Und dafür muss sie sowieso zahlen.