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Halle Halle: Mötzlicher Garagen-Baum schmückt Weihnachtsmarkt

Von MICHAEL DEUTSCH 12.11.2009, 18:37

HALLE/MZ. - Alles Routine, möchte man denken. Oder doch nicht? Die 16 Meter hohe Blaufichte, die er schlagen will, befindet sich nicht im Garten oder Wald. Nein, sie steht mitten im Carport - im Carport von Familie Funke aus Mötzlich.

Etliche Nachbarn und Freunde der Funkes erlebten am Donnerstag ganz großes Kino. Unter Einsatz schwerer Technik wurde ihr kurioser Garagen-Baum mit einem 60-Tonnen-Kran behutsam zuerst aus dem Garagen-Dach gehoben und dann in Schwindel erregender Höhe noch über eine Freilandleitung gehievt. Der Koloss landete wie geplant auf dem Tieflader, der am Abend seine Reise zum Marktplatz antrat, wo der Baum aufgestellt wurde.

"Mein Opa hat die Fichte vor fast 40 Jahren gepflanzt", weiß Madeleine Funke. Als sie vor zehn Jahren mit ihrem Mann und Sohn Marcello ins Haus der Großeltern zog, habe man den Carport einfach um den Baum herumgebaut. Zwei Autos hatten links und rechts vom Stamm ja auch noch genügend Platz. Der Entschluss, zur Säge zu greifen, fiel allerdings schon vor zwei Jahren. Nach dem Orkan Kyrill hatten die Funkes Angst, dass der Baum durch einen ordentlichen Sturm ins Haus fallen könnte.

Jetzt ist die Fichte durch Menschenhand gefallen. Und Großmutter Elfriede Holfeld hat dabei nicht zusehen wollen, ist lieber im Haus geblieben. 1970 sei der kleine Baum hier in die Erde gekommen, erzählt sie. Und sie wisse das genau, weil sie just in diesem Jahr zum zweiten Mal geheiratet hätte - nämlich ihren Walter. Doch er verstarb im März diesen Jahres. "Er wusste, dass der Baum weg muss und war so gespannt auf den heutigen Tag", seufzt die 85-Jährige, die ein Foto holt. Darauf ist ihr Mann neben der Fichte abgelichtet - die vor 40 Jahren auch schon einmal Kerzen und Lametta trug. "Denn das war ein kleiner Weihnachtsbaum im Blumentopf", sagt die Rentnerin lächelnd. Nach dem Fest sollte er weggeworfen werden, doch sie fand für ihn einen Platz im Garten. Heute ist die Fichte riesengroß. "Ihr Wachstum hat mir vor Augen gehalten, wie schnell unsere Zeit vergeht. Sie rennt und rennt", erkennt Elfriede Holfeld. "Jetzt wohnt schon die zweite Generation im Haus und kann sich einen eigenen Baum pflanzen."

Enkeltochter Madeleine Funke, die dem Baum fröhlich Lebewohl sagen wollte, wirkt dann doch etwas traurig. "Wir haben oft neben ihm unterm Carport gefeiert. Am letzten Samstag gab es sogar ein großes Baum-Abschiedsfest", berichtet sie. Und noch etwas wird ihr künftig fehlen: Der kuriose Wegweiser. Egal ob Postbote oder Pizzabote. Wenn die Funkes im Dorf gesucht worden, hieß es nur: "Das ist das Haus, wo der Baum aus dem Carport guckt", sagt die Enkelin.