Halle Halle: Jubiläum der Langzeit-Mugger
HALLE/MZ. - Hilft beim Spielen von traditionellem Mainstream-Jazz ein wohlverdienter Bauch? Kann swingender Dixieland überhaupt ohne funktionieren? Erfahrung schadet jedenfalls nicht. Und davon hat die Uni-Jazzband Halle viel. Von den jungen Jazzfans, die 1960 die Band Halle gründeten, mischt zwar keiner mehr mit. Aber auch die Stammkräfte heute spielen schon rund drei Jahrzehnte zusammen. Und einige haben dabei die passende Dixie-Swing-Jazz-Figur, man könnte auch sagen: das notwendige Standing, entwickelt.
Der älteste, Uli Weise, ist 70 Jahre alt. Die anderen Herren pendeln mehr oder weniger um das gesetzliche Renteneintrittsalter herum. Dazu gehören Klaus Schmutzer, Hans-Jürgen Herold, Ernst Kramer, Harald Lapschies und Udo Beyer. Sie eint mit Thomas Gruß und anderen die Leidenschaft für den Jazz. Und der Spaß am Muggen - was im Jargon aller Musiker schlicht einen Auftritt bezeichnet, aber dessen finanziellen Aspekt und auch freie Getränke einschließt. Kurioserweise haben die Uni-Jazzer mit der halleschen Universität nichts zu tun. Außer, dass die Bandgründer - wie die späteren Jahrgänge auch - allesamt Studenten und Akademiker meist aus Halle sind oder waren.
"Kultur konnte man damals in aller Regel nur in irgendwelchen angeschlossenen FDJ-Kultur-Ensembles machen, aber damit hatten diese Jazzer nun absolut nichts am Hut. Außerdem wollten auch wir später auf keinen Fall unsere totale Eigenständigkeit verlieren", sagt Hans-Jürgen Herold. Der musikalische Leiter der Uni-Jazzband Halle sitzt seit 1968 am Klavier. Damit ist er der Dienstälteste in dieser erstaunlichen Formation. Studentisch blieb lange auch das Publikum: In den 70er und 80er Jahren war die Band viel in den Studentenclubs der DDR unterwegs. 1973 wurden sie mit der Eröffnung des Turms in Halle so etwas wie dessen Hausband. Unabhängigkeit blieb den Muggern wichtig: Sie waren bei den damals üblichen Bewertungen zwar als Profi-Musiker eingestuft, beließen es aber lieber beim Hobbystatus.
Zum Jubiläumskonzert werden Erinnerungen wach. Etwa an das Konzert von 1982 bei ihrer ersten von mehreren Teilnahmen am Internationalen Dixieland-Jazzfestival in Dresden, als sie vor 7 000 Leuten spielten. Und alte Geschichten werden aufgewärmt: Jene von der nächtlichen Jam-Session im Uniklub "Tulpe" etwa, nach der Jazzlegende Mister Acker Bilk im Morgengrauen im Schlagzeug-Wägelchen ins Hotel geschoben wurde. Oder dass die Band im Berliner Palast der Republik mal auf falsche Knöpfe drückte, und sich die Fahrstuhltüren plötzlich im Keller, in einer Waffenkammer öffneten. Aber auch die Erinnerung an eine Musik-Tour 1997 kann mitspielen, als die Band im offenen Eisenbahnwagen auf den Brocken fuhr.
"Es gab Höhen und Tiefen. Doch es fanden sich immer wieder Musiker um unseren Bandmitgründer und 2005 leider verstorbenen Lutz Volland, die weitermachten", sagt Klaus Schmutzer. Er ist seit 1980 dabei und heute Bandchef. Seit damals spielt Schmutzler schon einen Moog-Synthesizer, der den großen Saiten-Bass ersetzte und zu einer Art Markenzeichen der Uni-Jazzband wurde. Im Lauf der Jahre haben sich 25 Musiker um diese hallesche Jazz-Institution verdient gemacht. Wenn im Urania 70 als letzter Titel der C-Jam Blues von Duke Ellington eingezählt wird, sind auch ehemalige Mitglieder zur Jam-Session eingeladen. Und überhaupt jeder, der Spaß am Jazz hat. Nur eigene Instrumente müssen mitgebracht werden, wenn Halles dienstälteste Band ihr 50-jähriges Bestehen feiert.
Das Konzert beginnt am Freitag um 19 Uhr. Die Karten kosten bei Tim-Ticket und an der Abendkasse zehn Euro.