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Halle Halle: Halles Herz-Chirurg Nummer eins

Von SILVIA ZÖLLER 08.02.2012, 20:05

Halle (Saale)/MZ. - "Aber er war nicht der erste Arzt, der in der DDR Herzoperationen vornahm", stellt Klaus-Peter Wenzel eine Behauptung richtig, die an vielen Stellen, auch auf Wikipedia, falsch wiedergegeben ist.

Wenzel, Arzt im Ruhestand und von den 60er bis in die 80er Jahre Oberarzt unter Schober an der Uniklinik Halle, hat anlässlich des 100. Geburtstages Schobers am 13. Juli ein umfangreiches Buch über den Ausnahme-Chirurgen geschrieben, das jetzt im Projekte-Verlag erschienen ist. "Schober war ein Vorbild", bringt er seine hohe Meinung von dem Mediziner auf den Punkt. Doch er war eben nicht der erste in der DDR, der die bis dahin nicht möglichen Operationen am Herzen vornahm.

Vielmehr, so die Recherchen des Autors, war die Leipziger Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie zwei Monate voraus. Bereits am 20. Februar 1962 kam hier erstmals ein Mensch mit einem Herzfehler unters Messer - möglich war dies durch den Einsatz einer aus den USA importierten Herz-Lungen-Maschine. "Doch dies schmälert nicht die Verdienste von Schober und seinem Team, da die Ausgangslage beider Arbeitsgruppen unterschiedlich gewesen ist", sagt Klaus-Peter Wenzel. Denn für einen US-Import war in Halle kein Geld vorhanden - Schober und seine Kollegen haben vielmehr selbst eine Herz-Lungen-Maschine entworfen und gebaut. Dafür, so Wenzel, mussten unter anderem V2A-Stahlblöcke auf dem Schrottplatz aufgetrieben werden, hitzefeste Glasbehälter wurden nach langen Diskussionen aus den Jenaer Glaswerken beschafft - und Silikon-Pumpenschläuche in einer Münchener Klinik abgestaubt. Dennoch war das Gerät offenbar besser als die Leipziger Maschine, die schon 1963 wieder aus dem Verkehr gezogen wurde, weil zu viele Patienten während der Operation starben. Was folgte, war auch in Leipzig der Eigenbau einer Herz-Lungen-Maschine.

Rund ein Jahr lang hat der 75-jährige Autor für das Buch Material gesichtet, darunter auch in der Deutschen Nationalbibliothek Leipzig und in der Leopoldina. Schon 2009 und 2011 hat er Bücher über die Chirurgische Klinik in Halle geschrieben. "Ich wollte als Rentner nicht nur mit dem Hund spazieren gehen", erklärt er sein ungewöhnliches Hobby.

Auf 136 Seiten zeichnet Wenzel in Wort und Bild den Lebensweg von Schober nach, der in Halle als Sohn eines Arztes geboren wurde. Er wächst wohlbehütet auf und liebt seinen Großvater Albert Herzfeld sehr, Sohn des halleschen Ehrenbürgers und Rechtsanwalts Ludwig Herzfeld. Tennis, Skifahren und Reiten waren die Leidenschaften des jungen Karl Ludwig Schober, der 1930 in den Franckeschen Stiftungen sein Abitur mit "gut" ablegte. Noch im gleichen Jahr beginnt er ein Medizinstudium, das ihn an die Universitäten Graz, Freiburg im Breisgau, Halle, Innsbruck und wieder zurück nach Halle führt. Eine seiner ersten Arbeitsstellen ist 1937 die urologisch-gynäkologische Privatklinik am Weidenplan. Der Krieg unterbricht seine beruflichen Pläne - er wird zum Sanitätsdienst bei der Wehrmacht eingesetzt und kommt von 1943 bis 1948 in russische Kriegsgefangenschaft. Doch bereits 1948 beginnt er als Assistenzarzt an der Chirurgischen Uniklinik in Halle. Schober lebte zuletzt in Domnitz (Saalekreis) und starb 1999.

Klaus-Peter Wenzel: Der hallesche Chirurg Karl Ludwig Schober (1912-1999). Projekte-Verlag, Halle 2012. ISBN: 978-3-86237-695-7. 29,50 Euro