1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halle
  6. >
  7. Grüne Oase in der Saalestadt: Grüne Oase in der Saalestadt: Warum Kleingärten in Halle ein großes Comeback feiern

Grüne Oase in der Saalestadt Grüne Oase in der Saalestadt: Warum Kleingärten in Halle ein großes Comeback feiern

Von Silvia Zöller 18.08.2019, 08:00
Junge Leute wie Anja Ehlert entdecken die Gartensparte für sich neu. Die 30-Jährige baut Biogemüse in der Anlage „Erholung 1920“ im Paulusviertel an.
Junge Leute wie Anja Ehlert entdecken die Gartensparte für sich neu. Die 30-Jährige baut Biogemüse in der Anlage „Erholung 1920“ im Paulusviertel an. Silvio Kison

Halle (Saale) - Mit Schippe und Hacke im Boden buddeln, eigene Brombeeren und Zucchini ernten - das ist es, was Gartenfreunde lieben. Für die 30-jährige Anja Ehlert ist es „einfach Leidenschaft“, sagt sie: Schon als Jugendliche hatte sie ihren grünen Daumen entdeckt und ist bereits seit zwölf Jahren glückliche Pächterin einer 200-Quadratmeter-Parzelle in der Anlage „Erholung 1920“ im Paulusviertel.

Beliebter denn je: Kleingärten feiern Comeback

Und dabei hat sie damals Glück gehabt, einen Garten zu bekommen: In der Anlage sind seit Jahren alle 43 Gärten verpachtet. Der Vorsitzende Joachim Volkhardt führt eine Warteliste: „Es rufen immer Leute an und fragen nach freien Gärten.“ In den letzten Jahren habe sich die Sparte extrem verjüngt, viele Mitglieder seien zwischen Anfang 30 und Mitte 40.

Kleingärten erleben ein Comeback - so passt es, dass die Stadt gerade jetzt die Kleingartenkonzeption überarbeiten will, die vor sechs Jahren gemeinsam mit den Vereinen aufgestellt worden ist. „Eines kann man jetzt schon sagen, dass wir im Stadtgebiet runter sind vom Leerstand von durchschnittlich 7,7 Prozent“, sagt Jürgen Maßalsky, Vorsitzender des Stadtverbandes der Gartenfreunde. Viele Anlagen, auch in Randgebieten von Halle, kann er auflisten, die keine einzige Parzelle frei haben. Noch 2010 lag der Leerstand bei rund drei Prozent - zwischenzeitlich gab es eine Flaute, die die Zahlen hochgetrieben habe, erläutert Maßalsky. Nun ist das Interesse am Gärtnern wieder gestiegen.

Erholungswert, Bio-Gemüse und Sicherheit: Attraktivität der Kleingärten hoch

Das habe mehrere Gründe: „Viele Interessenten für einen Garten sind zwischen 35 und 50 Jahren alt und haben sowohl die Berufs- als auch die Familienplanung abgeschlossen.“ Für sie sei der Anbau von eigenem Biogemüse wichtig und auch, dass die Kinder gefahrlos im Freien herumtoben können. Auch der Erholungswert der Kleingärten sei mehr ins Bewusstsein gerückt - zumal Reisen immer teurer und auch aus Klimaschutzgründen häufiger überdacht werde.

In den nächsten Wochen werden alle 127 Kleingartenvereine in der Stadt angeschrieben. Sie erhalten Fragebögen, auf denen Angaben etwa zu Leerstand, zur Altersstruktur, ob es Spielplätze gibt oder nicht und viele weitere Dinge abgefragt werden. Zudem gibt es für die Vereine eine weitere, jährliche Umfrage des Stadtverbandes zum Leerstand: „Und die muss von den Vereinen bis zum 31. August abgegeben werden“, so Maßalsky.

Kleingärten sehr bedeutend für das Stadtklima

In der 2013 erstmals erstellten Kleingartenkonzeption waren nicht nur Fakten und Zahlen aufgelistet. Auch die Bedeutung der grünen Oasen wird hier benannt: „Die Kleingartenanlagen erfüllen im Stadtgebiet eine wichtige stadtklimatische Ausgleichsfunktion. Einige Kleingartenanlagen sind wesentlicher oder ergänzender Bestandteil von klimatisch bedeutsamen Freiflächen, die in direktem Bezug zu Siedlungsräumen liegen, und haben damit eine hohe Bedeutung für das Stadtklima.“

Hier ging es jedoch auch um Probleme: 17 Gärten lagen damals in Überschwemmungsgebieten und an 41 Prozent der Anlagen wurde eine viel zu hohe Lärmbelästigung festgestellt - verursacht durch Bahntrassen und Bundesstraßen. Auch die Parkplatzsituation war damals an vielen Anlagen nicht das Gelbe vom Ei: Nur jede vierte Anlage verfügt über ausreichende Stellplätze.

Wünsche der Kleingartenvereine

Wie ist die Situation heute? Die Überarbeitung des Konzepts werde sicherlich einige der konfliktbeladenen Anlagen nunmehr in die Kategorie „geringes Konfliktpotenzial“ einordnen, ist sich Maßalsky sicher. „Es gab viele positive Veränderungen“, betont er - so wie auch am Kleingartenverein „Erholung“, der im Vorjahr eine komplett neue Lärmschutzwand zur Paracelsusstraße hin erhalten hat und dadurch der Lärmpegel um die Hälfte gesenkt wurde. Die Wünsche der Kleingartenvereine werden - wie schon 2013 - in der Konzeption berücksichtigt, steht für Maßalsky fest.

Wünsche, die kann auch Sparten-Vorsitzender Joachim Volkhardt schon jetzt benennen: Etwa die Anhebung des städtischen Förderetats für Gartenanlagen, der derzeit bei 10.000 Euro liegt - für alle 127 Vereine in ganz Halle zusammen. Die Auswertung der Fragebögen will die Stadt im kommenden Jahr vornehmen, 2021 soll dann die Fortschreibung des Konzepts stehen. (mz)