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Gravo-Druck-Gebäude mit langer Geschichte Gravo-Druck-Gebäude in Halle: Ruine am Reileck zwangsversteigert

Von Anja Falgowski 16.02.2019, 12:01
Das Gravo-Druck-Gebäude in Halle ist versteigert worden.
Das Gravo-Druck-Gebäude in Halle ist versteigert worden. Lutz Winkler

Halle (Saale) - Ein wertvolles Industriedenkmal in Halles Innenstadt ist versteigert worden: das ehemalige Gravo-Druck-Gebäude am Reileck, nach bald 30 Jahren Leerstand und massivem Verfall heute nur mehr eine Ruine.

Dennoch ist das Interesse an der Immobilie offenbar groß: Etwa 50 Interessenten und Zuschauer drängten sich im Saal des Amtsgerichtes Halle, als die Zwangsversteigerung von Gravo-Druck stattfand. Als Mindestgebot waren gerade einmal 2.940 Euro aufgerufen, das erste Gebot wurde aber mit 50.000 Euro abgegeben. Den Zuschlag erhielt am Ende ein Käufer aus Leipzig - für 1.151.000 Euro! Eineinhalb Stunden dauerte der Versteigerungstermin.

Zwangsversteigerung von Gravo Druck-Gebäude: Wer hat mitgeboten?

Betrieben wurde die Zwangsversteigerung von zwei Gläubigern, der Stadt Halle und der Wemax GmbH. Die Stadt machte offene Forderungen beim letzten Eigentümer von Gravo-Druck geltend, der Areal Bau AG, die schon seit mehreren Jahren nicht mehr existiert.

Die Wemax AG betreibt Parkflächen in Halle, Geschäftsführer Torsten Märker war auch einer der Bieter im Amtsgericht. Gerne hätte er das alte Betriebsgebäude erworben, aber seine Vorstellungen wurden, im wahrsten Sinne des Wortes, überboten.

„Es wäre schön gewesen, wenn die einzelnen Grundstücke wieder vereinigt worden wären“, so Torsten Märker. Ihm gehört bereits die Fläche, auf der die Parkplätze eingerichtet sind. Gläubiger gegenüber den Alteigentümern sei er gewesen, weil während eines Sturmes herabfallende Dachziegel Fahrzeuge auf seinem Gelände beschädigt hätten, sagt Torsten Märker.

Gebäude steht schon seit Anfang des 20. Jahrhunderts in Halle

Das Gebäude, in dem einst die Druckerei untergebracht war, wurde Anfang des 20. Jahrhunderts erbaut für den Betrieb der von Carl Warnecke im Jahr 1889 gegründeten Lithographischen Kunstanstalt, Buch- und Steindruckerei, die zuvor ihren Sitz in der Kleinen Ulrichstraße hatte.

Am Reileck dann wurde aus dem kleinen Unternehmen ein großes und wandelte seinen Namen in „Cawar“ um. Verpackungen, Plakate, Bildpostkarten und Werbeschriften wurden hier gedruckt. Um die Entprivatisierung kam auch dieser Betrieb, wie so viele in der DDR, nicht herum, der VEB Gravo Druck entstand.

Gravo Druck ging kurz der der Wende pleite

Der Schriftzug war fortan unter anderem auf Schreib-, Mutti- und Hausaufgabenheften nicht nur der halleschen Schüler zu finden. Aber auch Bücher oder Verpackungen gehörten weiterhin zum Portfolio. Als der volkseigene Betrieb mit seinen 200 Mitarbeitern 1990 in eine GmbH umgewandelt wurde, wies er bereits zwei Millionen D-Mark Verbindlichkeiten aus. Zwei Jahre später, Anfang 1992, folgte die Insolvenz.

Brand und Einsturz bei Gravo Druck

Wegen der Einsturzgefahr musste das Verwaltungsgebäude schon 2010 abgerissen werden. Im Februar vergangenen Jahres kam es zu einem Brand, vier Monate später zum Einsturz eines Teils der ehemaligen Druckerei. Die ist heute nunmehr eine Ruine.

Was aus ihr nun wird, ist noch völlig unklar. Zunächst einmal muss, nach Zahlung der Versteigerungssumme, der neue Eigentümer im Grundbuch eingetragen werden, dies kann bis zu acht Wochen dauern. Ob er weitere Investoren gewinnt oder vielleicht seine Ansprüche abtritt oder aber das marode Gebäude saniert, bleibt abzuwarten.

Was sich die Stadt für das Gravo Druck-Gebäude am Reileck erhofft

Die Stadt hat vor allem ein Interesse an der Beseitigung eines Schandflecks am Reileck. „Eine Schließung des Blockrandes ist eine Mindestanforderung für eine Entwicklung der Fläche. Ein Erhalt der historischen Bausubstanz im Blockinneren wäre wünschenswert“, sagt René Rebenstorf, Beigeordneter für Stadtentwicklung und Umwelt. Die Fläche stelle in dem vom Stadtrat beschlossenen Einzelhandels- und Zentrenkonzept der Stadt Halle eine Potentialfläche zur Stärkung des Nahversorgungszentrums Reileck dar.

Die Summe von 1,15 Millionen Euro, für die das Haus schließlich veräußert wurde, zeigt auch die zunehmende Bedeutung alter Industriebauten in der Stadt Halle. Für Investoren werden sie immer interessanter.

Alte Industriegebäude in Halle immer gefragter

So plant ein Leipziger Immobilienunternehmen nach eigenen Angaben, in der alten Teefabrik in der Merseburger Straße 100 Wohnungen zu bauen; eine Magdeburger Firma hat den Bau von Wohnungen in der alten Freyberg-Brauerei am Böllberger Weg angekündigt. Die Hoffnungen, dass der alte Gravo-Druck doch noch einmal zu neuen Ehren kommt, ist also nicht ganz unbegründet. Immerhin steht das Denkmal in einer der attraktivsten Lagen Halles. (mz)