Giebichenstein-Gymnasium "Thomas Müntzer" in Halle Giebichenstein-Gymnasium "Thomas Müntzer" in Halle: Drei Schulverbote wegen fehlender Masern-Impfung

Halle (Saale) - Im Sekretariat stapeln sich die Pässe der Schüler. „Das Büro ist gelb vor lauter Impfausweisen“, sagt Schulleiter Thomas Gaube. Der Grund für die Unordnung: Drei Damen vom Gesundheitsamt sind zu Gast im Giebichenstein-Gymnasium „Thomas Müntzer“. Sie kontrollieren jeden Impfpass, den die rund 1.000 Schüler abgegeben haben: Masernimpfung - ja oder nein?
Auslöser der Kontrollen sind drei Masern-Fälle, die dem Amt in der vergangenen Woche gemeldet wurden. Es handelt sich um Neunt- und Elfklässler - weitere Ansteckungen sollen verhindert werden.
Ansteckungsgefahr wird mit Schulverboten gebannt
Nach der Kontrolle am Dienstag ist klar, dass drei Viertel der Schüler die beiden nötigen Masern-Impfungen haben - bei etwa 250 weiteren Schülern bestehen zumindest Zweifel. Um die Ansteckungsgefahr zu bannen, sprach das Gesundheitsamt am Abend bereits drei Schulverbote aus. Grundlage dafür ist laut Halles Amtsärztin Christine Gröger unter anderem das Infektionsschutzgesetz. Bei den vom Schulverbot Betroffenen handele es sich um Klassenkameraden der bereits erkrankten Elftklässler, die entweder gar nicht oder nur einmal geimpft seien.
Gröger zufolge könnten heute weitere Schüler vom Unterricht freigestellt werden, laut der Ärztin stehen noch 120 Entscheidungen aus. Mehrere Dutzend Jugendliche wurden gestern aufgefordert, eine zweite Impfung nachzuweisen, da diese nicht im Pass vermerkt waren. Darunter sind auch 13 Schüler der Klassenstufen neun und elf, auf denen laut der Amtsärztin ein „besonderes Augenmerk liegt“. Die Behörde sei bestrebt, Schulverbote nur in diesen Klassen auszusprechen. Auf eine Überprüfung des Abitur-Jahrgangs wurde verzichtet.
„Ich sehe die Kontrollaktion entspannt“, sagt Schulleiter Gaube. „Keine der bekannten Erkrankungen ist in der Schule festgestellt worden, sondern zu Hause.“ Die Vorkehrungen des Gesundheitsamtes begrüßt Gaube, sagt aber auch: „Ich halte nichts davon, nur Schüler aus den Stufen neun und elf nach Hause zu schicken. Die Regelung sollte für alle Klassen gelten.“
Noch deutlicher ist die Kritik des Schulleiters gegenüber der Behörde in einem anderen Punkt: „Mich ärgert, dass es keine Handlungsrichtlinien für die Lehrer in dieser Situation gab.“ Denn natürlich, so Gaube, seien diese ebenfalls ein potenzieller Multiplikator, wenn es um ansteckende Krankheiten in der Schule gehe. „Wenn der Fall auftritt, dass der Impfstatus eines Lehrers unklar ist, bin ich der Meinung, dass der Dienstherr sagen sollte, wie damit umzugehen ist.“ In zwei Fällen habe er Lehrer-Kollegen geraten, ihren Impfstatus zu überprüfen.
Die meldepflichtigen Masern sind eine hochansteckende, leicht übertragbare Virus-Infektionskrankheit. Symptome sind die typischen roten Hautflecken und Fieber. Hinzu können lebensgefährliche Lungen- und Hirnentzünden kommen. Masern bei Erwachsenen sind ebenso häufig wie bei Kindern - oft aber mit deutlich schwerwiegenderen Komplikationen verbunden.
Für eine vollständige Immunisierung werden Kinder normalerweise im Alter von elf bis 14 Monaten zum ersten Mal geimpft und ein zweites Mal im Alter von 15 bis 23 Monaten. Mediziner empfehlen, dass bei einem Krankheitsausbruch Kontaktpersonen, die nach 1970 geboren wurden und einen unklaren Impfstatus haben, eine entsprechende Schutzimpfung erhalten.
Seit Oktober 2014 ist Berlin von einer Masern-Welle betroffen. Insgesamt wurden dem dortigen Landesamt für Gesundheit und Soziales seit Ausbruch der Krankheit 1.172 Fälle gemeldet. Die Zahl der Neuerkrankungen sei inzwischen relativ niedrig, sagte eine Sprecherin, aber von einem Ende des Ausbruchs könne man noch nicht sprechen. Von den Erkrankten wurden 282 in Krankenhäusern behandelt. Auch aus Sachsen und Thüringen wurden steigende Masernfälle gemeldet.
Die Berliner Masern-Welle hat eine bundesweite Diskussion um eine Masern-Impfpflicht entfacht. Wegen der Gefährlichkeit der Erkrankung sollte die vom Gesetzgeber vorgeschrieben werden, sagen viele Mediziner. Impfgegner hingegen warnen vor möglichen Nebenwirkungen.
Insgesamt 16 Masern-Fälle hat das Gesundheitsamt in den vergangenen Wochen registriert, darunter auch im Christian-Wolff-Gymnasium. Dort gab es vor zwei Wochen eine ähnliche Impfpass-Kontrolle, aufgrund derer vereinzelte Schüler über Tage hinweg zu Hause bleiben mussten, wie Schulleiter Andreas Slowig mitteilte. Auch Kinder der Waldorfschule und der Kita Kinderinsel waren erkrankt.