21. Dezember 2002 Gasexplosion in der Stephanusstraße: 21. Dezember 2002: Alles in Schutt und Asche

Halle (Saale) - Es war ein ganz normaler Samstag, kurz vor Weihnachten: Viele Hallenser waren am Vormittag des 21. Dezember 2002 mit Weihnachtseinkäufen beschäftigt, als eine gewaltige Explosion Halle erschütterte. Zahlreiche Notrufe gingen in der Leitstelle ein, die einen Großalarm auslöste. Denn in der Stephanusstraße war ein Wohnhaus durch eine Gasexplosion völlig zerstört worden, mehrere umliegende Häuser schwer beschädigt.
Im Umkreis von rund 400 Metern waren Fensterscheiben zersplittert, Dächer durch die Druckwelle abgedeckt. Das Areal am Reileck bot ein Bild des Schreckens - wie nach einem Bombenangriff. Fünf Menschen waren verletzt worden, ein damals 52-Jähriger lebensgefährlich. Der Täter, der Eigentümer des komplett zerstörten Hauses, wollte damit hochverschuldet die millionenschwere Versicherungssumme kassieren. Er sitzt noch bis 2028 im Gefängnis.
Ärzte kämpfen tagelang um das Leben des schwerverletzten Mannes
Für den damals schwer verletzten Mann, um dessen Leben die Ärzte des Bergmannstrost tagelang kämpften, war es ein schwerer Weg zurück ins Leben - mit mehreren Operationen und Rehas. „Ich bin heute noch eingeschränkt, aber es geht“, sagt der heute 67-Jährige, der nicht gerne über das Unglück vor 15 Jahren sprechen möchte und deshalb auch anonym bleiben will. Der Wissenschaftler hat aber auch keinerlei Erinnerung an die Explosion. Nur, dass er sich kurz vor 11 Uhr hingesetzt hatte, um die Zeitung zu lesen.
Kurz darauf gab es die Wohnung nicht mehr - das Gebäude fiel wie ein Kartenhaus zusammen, der Mann wurde aus dem zweiten Stock nach unten geschleudert. Über einen Monat wurde er im Krankenhaus in ein künstliches Koma versetzt. Die Erinnerungen sind ausgelöscht - aber der heute 67-Jährige hat überlebt. Nach wie vor lebt und arbeitet er in Halle. Doch im kommenden Jahr, wenn er in Rente geht, will er der Saalestadt den Rücken zudrehen und wieder in seine alte Heimat im Rheinland ziehen.
Auch Tatjana Skalko-Karlovski war eine der Opfer des Unglücks
Auch Tatjana Skalko-Karlovski war eine der Opfer des Unglücks. Doch glücklicherweise blieb sie und ihre Familie, die in einem der angrenzenden Nachbarhäuser gewohnt haben, unverletzt. Sie erinnert sich genau an diese Minuten vor 15 Jahren: „Unser damals zehnjähriger Sohn hatte zum Zeitpunkt der Explosion im Kinderzimmer am Fenster gespielt. Das Glas hatte dem Druck standgehalten - im Gegensatz zu einem anderen großen Fenster in der Wohnung, das komplett herausgerissen wurde.“
Eben, weil alle unverletzt geblieben sind, habe sie das Unglück gut verarbeitet. „Trotzdem war es natürlich ein Schock, wir waren ja auch eine Zeit ohne Zuhause.“ Gut zwei Monate lebte die Familie bei Freunden, dann konnten sie zurück in die sanierte Wohnung. Heute lebt die Künstlerin, die an der Burg Giebichenstein studiert hat, jedoch nicht mehr in der Stephanusstraße. „Einfach, weil das Haus verkauft wurde“, sagt die Malerin und Grafikerin, die heute im Paulusviertel wohnt und arbeitet.
Bei der Explosion wurden auch Kunstwerke beschädigt
Bei der Explosion wurden auch einige ihrer Kunstwerke beschädigt - spielt das Unglück eigentlich heute noch in ihrer Kunst eine Rolle? „Nein, es war ein starkes Erlebnis, aber wir haben auch viel Hilfsbereitschaft und Unterstützung erfahren“, so die 47-Jährige. „Es war kein Trauma.“
Vielmehr zeigen ihre Arbeiten heute florale Motive, Tiere und starke Farben wie Rot und Gold spielen eine Rolle - es sind fröhliche Motive. Auch im öffentlichen Raum in Halle sind die Arbeiten der gebürtigen Ukrainerin zu sehen: Deckenmalereien in der Moritzburg, Wandmalereien im (ehemaligen) Kunstforum und ein Brunnen in der Stiftung St. Cyriaki et Antonii, eine gemeinsame Arbeit mit dem Bildhauer Marcus Golter. Alles das bestätigt, was Tatjana Skalko-Karlovski sagt: „Ich habe die Erlebnisse von vor 15 Jahren gut verarbeitet.“ (mz)
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel stammt aus unserem Archiv, den wir zum Jahrestag der Explosion nun erneut veröffentlichen.
