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Für die verhafteten Studenten eingesetzt

Von Heidi Jürgens 16.06.2006, 18:40

Halle/Bonn/MZ. - Herbert Priew, heute 76 Jahre alt und damals Student der Landwirtschaft, hat von den Briefen erfahren, als er nach der Wende Einsicht nehmen konnte in seine Stasi-Akten. "Sowohl der damalige Dekan als auch der persönliche Referent des Rektors und die Betriebsgewerkschaftsleitung haben sich für mich und weitere Studenten stark gemacht, die am 17. Juni zur Teilnahme an der Kundgebung am Hallmarkt aufgerufen beziehungsweise an Demonstrationen teilgenommen hatten. Was in der damaligen Situation für sie sicher auch nicht gefahrlos war. Und was von uns natürlich keiner gewusst hat."

Umso mehr hat es ihn gefreut und auf den Gedanken gebracht, dass dies auch der Öffentlichkeit bekannt wird. Priew, der seit langem in Bonn zu Hause ist, hat sich mit dem dortigen Haus der Geschichte in Verbindung gesetzt. Und ist auf offene Ohren gestoßen.

"Wir zeigen hier schon seit vielen Jahren verschiedene Facetten des 17. Juni und der Folgezeit", sagt Hanno Sowade, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Haus der Geschichte. Der Aspekt jedoch, dass sich Hochschullehrer nachweislich in Briefen für Studenten eingesetzt haben, sei bisher noch nicht dokumentiert gewesen. "Nach Meinung der Fakultät kann es sich bei den Genannten in keinem Falle um Provokateure handeln", ist darin unter anderem zu lesen und es wird darauf verwiesen, dass es nicht verantwortbar sei, junge Menschen in Ausbildung ohne besonders schwer wiegende Gründe in Haft zu halten und dadurch am Studium zu hindern.

Herbert Priew musste nach seiner Verhaftung eine zweijährige Freiheitsstrafe verbüßen, an der auch die Schreiben der Universität nichts ändern konnten. Nach der Entlassung gelang es ihm, nach Westberlin und später nach Westdeutschland zu kommen. "Sowohl an der Uni, als auch im Gefängnis und später in Bernburg, wohin ich entlassen wurde, hat es Menschen gegeben, die mutig genug waren, Leuten zu helfen, die ins Visier der Stasi geraten waren", sagt Herbert Priew. "Ich bin froh, dass dies nun ein Stück weit bekannter als bisher wird."