#ichbinrelevant Fotografin verleiht Menschen in Halle im Lockdown Gesicht und Stimme
Die Fotografin Anja Grothe zeigt in einer Kampagne Menschen aus Halle im Lockdown und verleiht ihnen Gesicht und Stimme.
Halle (Saale) - Till Schmidt, Schauspieler am Neuen Theater, ist es. Und auch André Hamann, Inhaber der Bar Lujah. Oder Tanzlehrer Marcus Eichelmann. Sie alle sind für Fotografin Anja Grothe Betroffene mitten im Lockdown, mitten in der Corona-Pandemie. Unter dem Hashtag #ichbinrelevant hat die 37-Jährige ein Projekt gestartet, in dem sie Hallenser fotografiert und ihre Geschichten protokolliert. „Ich möchte ihnen ein Gesicht und eine Stimme zu verleihen. Es geht darum zu zeigen, wie viele Branchen und einzigartige Persönlichkeiten leider hart vom Lockdown betroffen sind. Das Projekt soll Mut machen“, so Anja Grothe.
Sie zeigt die Menschen hinter den Branchen, die im Lockdown gar nicht oder nur sehr eingeschränkt arbeiten dürfen. Das Projekt ist rein ehrenamtlich, Anja Grothe nimmt kein Geld für die ausdrucksstarken Bilder, sondern investiert viel von ihrer Zeit für das Shooting und die Bildbearbeitung sowie für die Texte. „Ich sehe es als gegenseitige Unterstützung. Da kommt eine ganze Menge Zeit zusammen, die ich unentgeltlich in das Projekt investiere. Ideell habe ich ganz viel davon. Es ist ein Herzensprojekt.“
15 #ichbinrelevant-Porträts sind auf der Homepage zu sehen
Die Idee ist ihr schon im Februar gekommen, als sie einen Post einer Freundin gelesen hat. „Sie schrieb, dass sie eigentlich nicht mehr weiß, was sie macht, da sie ja nicht systemrelevant ist“, berichtet die studierte Medienwissenschaftlerin. Viele Selbstständige hätten in der Krise Existenzängste und Zweifel entwickelt, „obwohl sie oft starke Persönlichkeiten sind“, sagt Anja Grothe. Als Künstlerin habe sie so eine Verantwortung gesehen, mit dieser Situation umzugehen.
15 solcher #ichbinrelevant-Porträts sind auf der Homepage der Hallenserin zu sehen, die sich sonst auf Baby- und Schwangerenfotografie spezialisiert hat. Und zwölf weitere sind in Vorbereitung. Unter anderem hofft so auch Sebastian Hübner, Sänger und Gitarrist der halleschen Band „Bienstich“, auf ein Ende der Pandemie. „„Es wird dauern, bis Menschen endlich wieder ausgelassen, losgelöst und ohne faden Beigeschmack tanzen können. Die Heilung wird dauern. Doch die Musik wird dabei helfen, dass die Menschen wieder loslassen können“, heißt es in seinem Beitrag. Und DJane Kim Noble sagt: „Ich bringe Körper zum Bewegen und Herzen zum Höherschlagen. Ich bin ein Stück Kulturgut. Ich bin relevant.“ Doch leider kann auch sie ihren Beruf derzeit nicht ausüben, was ihr schwer zu schaffen macht.
„Menschlich sind diese Shootings und Gespräche auch für mich eine Bereicherung“
„Menschlich sind diese Shootings und Gespräche auch für mich eine Bereicherung“, sagt Anja Grothe. Einige schütten ihr Herz aus, andere lassen einen Kraft tanken und inspirieren. „Alle sind sich einig, dass ein Jahr Lockdown bestimmten Branchen zugesetzt hat. Dabei tragen doch alle zur Gesellschaft bei“, meint die Hallenserin. Hatte sie anfangs Freunde und Bekannte für die Aktion gewinnen können, so melden sich mittlerweile auch Hallenser bei ihr, um mitzumachen.
„Ich werde das Projekt bis zum Lockdown-Ende weiterlaufen lassen“, verspricht die Künstlerin. Jedoch möchte sie vor allem Vielfalt zeigen und so auch möglichst viele unterschiedliche Branchen einbinden, immer unter dem Motto: „Wir alle haben eines gemeinsam: Wir sind zwar nicht systemrelevant. Aber unverzichtbar!“ (mz/Silvia Zöller)
Das Projekt ist zu finden unter: www.anja-grothe-fotografie.de/herzensprojekt/