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Erotik in der Stadtgeschichte

Von Detlef Färber 27.01.2006, 19:54

Halle/MZ. - Nun aber haben die Maler und Grafiker aus der "Vereinigung hallescher Künstler" die verblüffend einfache Antwort über den entscheidenden Treibstoff der Stadtgeschichte nicht nur gefunden, sondern sie standesgemäß auch gleich in einer Grafikmappe zum Fest zu Papier gebracht. "1200 Jahre Erotik in Halle", lautet ihr Titel.

Dass diese bislang pfiffigste Jubiläumskunstaktion mit Beata Sienko ausgerechnet eine vor Jahren aus Polen zugewanderte Malerin initiiert und organisiert hat, mag zwar Zufall sein, könnte aber auf Kenner der Regionalhistorie wie eine besondere Pointe wirken. Schließlich setzte sich die Urbevölkerung des halleschen Stadtgebiets ja gleichmäßig aus den Vorfahren heutiger Sachsen und Slawen zusammen. "Vielleicht waren ja auch meine Ahnen damals hier", meint Beata Sienko lächelnd und verweist auf den Name ihres Viertels Diemitz. Da stecke der slawische Wortstamm für "qualmen" drin. Diese Verheißung hätten in Halles Osten später die Indurstrie-Schornsteine auch eingelöst. Und eine uralte slawische Münze hat Beata Sienko, dort wo sie wohnt, auch gefunden.

Um das Finden solch kleiner Schätze geht es auch beim Thema dieser von der Stadt für ihr Jubiläum geförderten Grafikmappe. Beata Sienko hat auf ihrem eigenen Blatt einer höchst verführerischen halleschen Schönen die fünf Türme auf den Kopf gesetzt. Und sofort wird klar, dass es nicht das weithin sichtbare Wahrzeichen sein kann, auf das die Sache hinausläuft. "Wie eine Frau muss auch eine Stadt zugleich etwas zeigen und etwas Geheimnisvolles bewahren" erläutert die Künstlerin, die meint, dass sich die Anziehungskraft einer Stadt natürlich auch an ihrer erotischen Ausstrahlung bemesse.

Heinz Schmerschneider, Vorsitzender der Vereinigung hallescher Künstler, macht ebenfalls auf die Wichtigkeit einer "erotischen Aura für städtische Kulturen" aufmerksam. Und der Rechtsanwalt, der ein ausgewiesener Kenner der Philosophie ist, weist auch noch auf sehr konkretes Hallesch-Erotisches wie etwa die stimulierende Wirkung des Salzes im Solebad hin. Und plötzlich glaubt man zu verstehen, was der Sänger des Liedes "O sole mio" einst gemeint haben mag.

Grafikmappe mit Blättern von Burghard Aust, Gabriele Böttcher, Dieter Gilfert, Claas Gutsche, Michael Henschel, Janusz Kopec, Eveline Köhler und Knut Müller, 35er Auflage, Preis: 240 Euro. Erhältlich in der Zeitkunstgalerie oder über Tel. 0345 / 5320135.