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Diskussion Kulturhauptstadt Diskussion Kulturhauptstadt: Verliert Halle seine Führungsrolle im Land?

Von Michael Tempel und Gert Glowinski 15.08.2016, 08:06
Ende der Kulturhauptstadt? Mit einer „Protest-Installation“ am Operngebäude in Halle machten Künstler bereits 2013 ihrem Ärger über die damalige Kürzungsdebatte im Kulturbereich Luft.
Ende der Kulturhauptstadt? Mit einer „Protest-Installation“ am Operngebäude in Halle machten Künstler bereits 2013 ihrem Ärger über die damalige Kürzungsdebatte im Kulturbereich Luft. Jens Schlüter

Halle (Saale) - Es war das Trostpflaster für Halle. Als Magdeburg 1990 Landeshauptstadt wurde, erklärten die Politiker Halle zur Kulturhauptstadt des Landes. Magdeburg will sich das offenbar nicht mehr gefallen lassen. „Es gibt keine Kulturhauptstadt in Sachsen-Anhalt“, sagte Magdeburgs Oberbürgermeister Lutz Trümper (parteilos) am Sonntag der MZ. Von einem Gründungskonsens über Halles kulturpolitische Bedeutung will er nichts wissen.

Trümper reagierte damit auf Äußerungen des aus Halle stammenden Bildungsministers Marco Tullner (CDU). Der hatte sich in der MZ mit Verweis auf Halles Anspruch verärgert darüber gezeigt, dass sich Magdeburg als Kulturhauptstadt Europas 2025 bewerben will. Und der OB hatte darauf schon Ende letzter Woche mitgeteilt, man lasse sich selbst dann nicht von der Bewerbung abhalten, „wenn sich Halle als Kulturhauptstadt in Sachsen-Anhalt sieht“. Im MZ-Gespräch ergänzte Trümper: „Ob sich Halle als Kulturhauptstadt sieht, hat mich noch nie interessiert und wird mich auch nicht interessieren.“ Die Bewerbung seiner Stadt als europäische Kulturhauptstadt habe mit dieser Frage im Übrigen nichts zu tun.

Massive Kürzungen

Tullner relativierte am Sonntag, dass er sich nicht über die Bewerbung Magdeburgs, sondern darüber geärgert habe, dass die Förderung der halleschen Kultur durch das Land in den vergangenen Jahren massiv gekürzt worden sei. Tullner sieht in Halle aber sehr wohl die Kulturhauptstadt, fußend auf einen „Gründungskonsens“ von 1990. Trümper hatte dem allerdings entgegengehalten, er wisse nicht, auf welchen Gründungskonsens der Minister anspielt.

Rückendeckung bekommt Tullner vom hallesche Bundestagsabgeordneten und ehemaligen Ministerpräsidenten Christoph Bergner. Der CDU-Mann hatte die Gründung Sachsen-Anhalts aktiv mit begleitet. Zwar gebe es kein Dokument zur Kulturhauptstadt. Aber: „Es war ein informeller Konsens und es ist unwidersprochen immer von Halle als Kulturhauptstadt die Rede gewesen“, so Bergner.

Neue Richtung

Unabhängig von dieser prinzipiellen Debatte sehen Bergner und Tullner Halle in Gefahr, auch substanziell Stellenwert einzubüßen. „Man muss jetzt aufpassen, dass die ehrgeizige Bewerbung Magdeburgs die Landespolitik nicht inspiriert, die Kulturförderung in eine neue Richtung fließen zu lassen“, sagte Bergner. Halle verfüge unter anderem mit den Franckeschen Stiftungen und dem Landesmuseum Moritzburg über die „qualitativen Schwerpunkte“ in der Kultur. Es wäre falscher Ehrgeiz, dies zu konterkarieren. „Die Bewerbung ist für Halle ein Tritt vors Schienbein.“

Tullner indes sieht vor allem innerstädtische Probleme. Ihm zufolge fehlt ein Bekenntnis von Stadtverwaltung und Stadtrat. „Ob sich Halle noch als Kulturhauptstadt sieht, wäre eine Frage der eigenen richtigen Prioritätensetzung“, so Tullner. Der Status Kulturhauptstadt und die damit verbundenen Finanzhilfen müssten immer wieder neu errungen werden.

Dem pflichtete Stadtrat Wolfgang Aldag (Grüne) bei. Halle sollte seinen kulturellen Führungsanspruch nicht aufgeben, forderte er. Es sei wichtig, gerade vor neuen Finanzierungsgesprächen mit dem Land gut vorbereitet zu sein. Dazu gehöre auch eine Diskussion in der Stadt über die Qualität der Kulturarbeit. „Es wäre richtig, diese Debatte jetzt zu führen“, so Aldag gegenüber der MZ.

Übrigens: Vor Jahren hatte sich Halle selbst einmal vergeblich als Kulturhauptstadt Europas beworben. (mz)