1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halle
  6. >
  7. Dauerausstellung in Halle: Dauerausstellung in Halle: Der Fluch des Pharao?

Dauerausstellung in Halle Dauerausstellung in Halle: Der Fluch des Pharao?

Von Michael Falgowski 16.04.2013, 18:32
Wie kommt diese Hand ins Stadtmuseum?
Wie kommt diese Hand ins Stadtmuseum? Günter Bauer Lizenz

HALLE/MZ - Das alte Ägypten hat mit Halles Geschichte herzlich wenig zu tun. Als im Jahr 806 ein karolingisches Kastell „ad locam qui vocatur Halla“ urkundlich auftaucht, war die große Pyramide schon 3 600 Jahre alt. Dennoch wird in der Dauerausstellung zur Stadtgeschichte auch die mysteriöse Hand einer ägyptischen Mumie ausgestellt. Wie alt sie ist? Niemand weiß es. „Wir wollen auch die Phantasie der Besucher anregen. Und was passt da besser als Rätsel?“, sagt Kuratorin Susanne Feldmann.

Bankiersfamilie aus Halle

Rätselhaft ist etwa die Herkunft der ägyptischen Mumienhand. Und auch, wie sie in den Besitz der Stadt gelangte. Fest steht: „Vor sieben Jahren wurde der Holzkasten mit der Hand in der naturwissenschaftlichen Sammlung des Sportgymnasiums ,gefunden’“, sagt Steffen Thater vom Stadtmuseum. Es ist der Arbeit des Schülers Johannes Breuer im Fach Geschichte zu danken, dass man inzwischen mehr weiß. Breuer fand heraus, dass die Hand 1924/25 dem Seydlitz-Lyzeum Halle von einer Schülerin namens Erika Steckner geschenkt wurde.

Die 1909 geborene Erika entstammte der bekannten halleschen Bankiersfamilie Steckner. Zu ihrer Verwandtschaft gehörte Hermann Steckner, der ab 1889 eine zweijährige Reise nach Ägypten unternahm. Sein Arzt Theodor Weber (1829-1914) - Ehrenbürger Halles und Mitglied der Leopoldina - hatte den wohlhabenden Mann, der wohl an einer Erkrankung der Atemwege litt, die Reise des trockenen Klimas wegen verordnet. 1892 veröffentlichte Herrmann Steckner seine Erinnerungen an die Reise, die er seinem Arzt widmete. Das Buch heißt „Beim Fellah und Khedive. Bilder und Skizzen aus dem modernen Ägypten“ und steht in der Universitätsbibliothek.

Ausgeliehen hat es sich jetzt auch Henryk Löhr vom Archäologischen Museum der halleschen Universität im „Robertinum“. Dort wurde die Mumienhand seit 2006 aufbewahrt. „Sie ist sicher nicht sensationell. Im 19. Jahrhundert war es weit verbreitete Sitte, Mumienteile von den Reisen als Andenken mitzubringen.“ Die meisten stammten natürlich aus illegalen Grabungen. Im Buch, so Löhr, beschreibe Steckner, bezogen auf die Bergung von zahlreichen Mumien von Priestern der 21. Dynastie bei Luxor im Jahr 1891: „Wenn man aus einem dunklen Erdschachte die noch wohl erhaltene Hülle eines Menschen auftauchen sieht, der vielleicht ein Zeitgenosse von Moses war, welche Gefühle können da den Menschen beschleichen, welche Bilder darf da die Phantasie dem Menschen vorführen!“ Steckner war von der Bergung offenbar sehr fasziniert.

Zum ersten Mal wird es in Halle eine Dauerausstellung zur Stadtgeschichte geben. Am 11. Mai eröffnet der erste Teil dieser Schau im ehemaligen Druckereigebäude hinter dem Christian-Wolff-Haus, Große Märkerstraße. In einer Serie begleitet die Mitteldeutsche Zeitung einmal pro Woche den Aufbau der neuen Ausstellung. Einige Objekte der Schau werden vorgestellt. (mifa)

Von der Hand jedoch schreibt er nichts . „Es gibt keinen gesicherten Nachweis, dass Steckner die Hand aus Ägypten mitgebracht hat, aber es erscheint doch wahrscheinlich“, so Stadtmuseumsmitarbeiter Thater. Auch der weitere Weg der Mumie ist nicht gesichert. Johannes Breuer stellt die Hypothese auf, daß die Schenkung etwas mit der damals grassierenden Vorstellung vom „Fluch des Pharao“ zu tun haben könnte. Und warum auch nicht? Dieser Mythos wurde sehr populär, seitdem gleich mehrere der an der Öffnung des Grabes von Pharao Tutanchamun Beteiligten im Jahr 1922 verstorben waren.

Vielleicht wollte die Bankiersfamilie, nachdem Herrmann Steckner 1924 gestorben war, die ja doch irgendwie gruselige Hand nicht mehr im Haus haben? Warum die Unglückshand dann allerdings der Schule der Tochter vermacht wurde, darüber kann man nur spekulieren. Jedenfalls gibt es das Seydlitz-Lyzeum nicht mehr.

Der Lauf der Geschichte

Die Hand wird im Themenbereich „Welt - Reisen“ gezeigt. Dazu wird der Wanderpass vom Gründer des Bankhauses Reinhold Steckner gezeigt, der 1842 bis 1844 als Färbergeselle auf Wanderschaft war. Ergänzt werden die beiden Objekte durch die Festschrift der Sektion Halle des Alpenvereins von 1911, in dem Hermann Steckners Bruder Albert engagiert war, weswegen der Weg von der ehemaligen „Halleschen Hütte“ in der Ortler-Gruppe nach ihm benannt wurde. Anhand dieser drei Objekte lässt sich der Bogen schlagen vom Vater, für den die Wanderschaft noch eine berufliche Pflicht ist, zu den Söhnen, die aufgrund seines beruflichen Aufstiegs Wandern als Freizeitbetätigung betreiben beziehungsweise auf Erholungsreise nach Ägypten gehen konnten.