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Das Geheimnis eines alten Koffers

Von Kornelia Privenau 05.05.2006, 16:02

Salzmünde/MZ. - Die Schüler der Klasse 4a der Grundschule Kröllwitz sind so gespannt auf das, was das riesige Erdwerk Salzmünde für sie bereit hält, sie löchern ihre Lehrerin Beatrix Berger und vor allem den Archäologen Helge Jarecki mit ihren Fragen. Ob das wohl der Koffer eines berühmten alten Archäologen ist, der ihn den Wissenschaftlern von Salzmünde geschenkt hat? Die Phantasie schlägt Purzelbäume.

Aber die Viertklässler hatten sich auf die Führung auch mit Fakten vorbereitet. Kristin Treskow - sie will sich trotz einer verletzten Hand den Besuch bei den Archäologen auf gar keinen Fall entgehen lassen - erzählt: "Im Sprachunterricht lernten wir die Keilschrift kennen. Dann sammelten wir im Internet Informationen über die Ausgrabung in Salzmünde und warum vor jedem Straßen- und Autobahnbau der Boden untersucht werden muss." Und die Kinder verstehen nun auch, dass nicht jedes Fundstück in einem Museum landet und die Funde nicht Eigentum des Ausgräbers sind.

Als es dann endlich soweit ist und Helge Jarecki die Mädchen und Jungen in den extra für Schülergruppen angelegten Grabungsgarten mitnimmt, herrscht ein wahres Gewusel. Jeder bekommt ein Grabungswerkzeug. Zehn Stellen sind am Boden markiert, die Arbeit kann beginnen.

"Wenn wir hier etwas richtig Tolles finden, dann schreibt bestimmt mal jemand in der Zeitung über uns", meint Tom Brylok und gräbt eifrig. In einen Grabungsgarten gehören Fundtüten. Jede Scherbe, jedes Tierhorn wird eingepackt und die Tüte beschriftet. Natürlich auch mit dem Namen des Finders. Zuvor werden die Funde so gut es vor Ort geht, mit Wasser gereinigt.

"Schaut mal her, wir haben Porzellan gefunden, gleich Tasse und Untertasse komplett", ruft es aus der Mitte des Grabungsgartens. "Wo kommt denn der Scheibenwischer her?" fragt jemand und hält das Teil hoch. Aus der Bronzezeit? Fehlanzeige.

Daniel Naumenko und Paul Ulmer sind ebenfalls fündig geworden. "Aber was ist das? Ein Stoßzahn, ein Werkzeug?" Immerhin sieht das wie ein Meißel aus. Chiara Klöckner und Karlotta Föhre schreiben fleißig Fundzettel aus. In einer kleinen Tüte liegt etwas, das ein Tierzahn sein könnte.

Alle Funde, auch Zahnbürsten, Plaste-Kaffeebecher und besonders schöne Steine, wandern in eine große Kiste. Die nächste Station - allerdings nur der archäologischen Funde - ist dann ein Stützpunkt des Grabungswerkes, wo sie gründlich gewaschen, registriert und ins Magazin aufgenommen werden.

Das wird Zahnbürsten, Scheibenwischern und Co. natürlich nicht beschieden sein. Helge Jarecki und Grabungshelfer Lothar Walther erklären, dass die Forscher durchaus auch jede Menge Müll der Neuzeit zutage fördern. Und Tom Brylok, der eben noch vom Ruhm des Archäologen geträumt hatte, hält sogar einen unversehrten Terrakotta-Blumentopf, Typ Baumarkt, in seinen Händen; er ist trotzdem nicht enttäuscht.

"Das Grabenwerk bei Salzmünde", erzählt Fundzeichnerin Karin Walter, "ist ungefähr 3500 Jahre alt." Erst vor kurzem wurde das Skelett eines sechsjährigen Jungen gefunden, das war schon etwas Besonderes, so Frau Walter. Sie hat eine Mappe voller Zeichnungen mitgebracht, die aber nicht alle in Salzmünde entstanden. Es steckt jahrelange Arbeit darin. Manche Zeichnungen sind bereits in Büchern und archäologischen Zeitschriften veröffentlicht. Sie zeigen Schmuck, Geschirr und Werkzeug.

Gleich neben Karin Walters Zeichenmappe steht er wieder, der alte Grabungskoffer. Er hat es den Kindern angetan, beflügelt ihre Phantasie. Sie sind ganz sicher: "Der ist bestimmt schon 100 Jahre alt und hilft den Forschern, richtige Schätze zu finden."