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Chef des "Kiez Döner" Anschlag in Halle: Chef des "Kiez Döner" - Im letzten Moment als Nebenkläger im Terrorprozess zugelassen

Von Julius Lukas 17.07.2020, 16:11
Ismet Tekin betreibt den „Kiez-Döner“ wurde als Nebenkläger im Terrorprozess zugelassen.
Ismet Tekin betreibt den „Kiez-Döner“ wurde als Nebenkläger im Terrorprozess zugelassen. Julius Lukas/dpa

Halle (Saale) - Der Weg in den Gerichtssaal am kommenden Dienstag ist für Ismet Tekin nun doch frei. Im Landgericht Magdeburg beginnt dann der Prozess gegen Stephan B., den Attentäter von Halle. Und bei der Verhandlung sollte Tekin, dem der „Kiez Döner“ in Halle gehört und der am 9. Oktober 2019 den Schusswechsel davor aus nächster Nähe miterlebte, erst nicht dabei sein.

Denn auf der 40 Personen umfassenden Liste der zugelassenen Nebenkläger, die Mitte Juni vom Ersten Strafsenat des Oberlandesgerichts Naumburg herausgegeben wurde, tauchte Tekin nicht auf. „Ich habe das nicht verstanden, und ein Grund wurde auch nicht genannt“, so der 36-Jährige.

Über seinen Anwalt ließ Ismet Tekin allerdings eine sogenannte Gegenvorstellung an das Gericht senden. „Das ist ein nicht-förmlicher Rechtsbehelf, der das Gericht noch einmal zum Nachdenken über einen Sachverhalt anregen soll“, erklärte Gerichtssprecher Wolfgang Ehm gegenüber der MZ. Dieser Eingabe des Anwalts von Tekin wurde am Donnerstag nun stattgeben. „Herr Tekin ist damit als Nebenkläger zugelassen“, so Ehm.

Anschlag in Halle: „Ich sah den Schusswechsel mit der Polizei“

Die anfängliche Abweisung erklärte der Sprecher damit, dass aus der Anklageschrift des Generalbundesanwalts nicht genau hervorging, inwiefern eine Straftat zu Tekins Nachteil vorgelegen habe – denn nur dann darf er auch als Nebenkläger auftreten. „Nun konnte allerdings festgestellt werden, dass er im Zuge der Schüsse in der Ludwig-Wucherer-Straße – also vor dem Laden – hätte getroffen werden können“, erklärte Wolfgang Ehm. Entsprechend könne also doch von einer Straftat zu seinem Nachteil ausgegangen werden.

Dass auch er am 9. Oktober hätte verletzt werden können, daran bestand für Ismet Tekin nie ein Zweifel. Als Stephan B. den „Kiez Döner“ stürmte, befand er sich zwar nicht im Geschäft. „Aber mein Bruder, der im Laden war, rief mich an und berichtete von den Schüssen“, erinnert sich Tekin. Daraufhin sei er sofort zum Imbiss geeilt. „Ich sah den Schusswechsel mit der Polizei.“ Dann, so erinnert es der 36-Jährige, schlug ein Geschoss in der Hauswand über ihm ein, woraufhin er in Deckung ging. Als Stephan B. schließlich verschwunden war, sah er im Laden die Leiche von Kevin S. – dem zweiten Todesopfer des Attentäters. „Diesen Tag werde ich nie vergessen“, sagt Ismet Tekin.

Die Zulassung zum Prozess ist eine Erleichterung für ihn, wenngleich ihn Sorgen um seinen Laden plagen. „Seit dem Anschlag läuft es nicht mehr, die Kunden bleiben weg“, so Tekin. Von der Verhandlung am Dienstag erhoffe er sich vor allem eine Signalwirkung. „Es wäre schön, wenn der Prozess dazu beiträgt, dass so etwas nicht wieder passiert.“ (mz)