200 Jahre Ludwig Herzfeld 200 Jahre Ludwig Herzfeld: Berühmter Notar mit Großfamilie

Halle (Saale) - Ludwig Herzfeld, Rechtsanwalt und Notar in Halle, würde heute als Workaholic bezeichnet werden: Er war nicht nur Vater von zwölf Kindern und Großvater von 34 Enkelkindern, sondern auch Stadtverordneter sowie Stadtverordnetenvorsteher, Mitglied des Direktoriums der Sparkasse und Vorsitzender des Wahlvereins der Vereinigten Liberalen.
Er sprühte vor Vitalität und hatte sich erst mit 80 Jahren zur Ruhe gesetzt und bis dahin auch noch in seiner Kanzlei in der heutigen Wilhelm-Külz-Straße gearbeitet. 1899, in dem Jahr, in dem er sich zur Ruhe setzte, wurde er für seine Verdienste mit der Ehrenbürgerwürde ausgezeichnet. Am 12. September 1819, also vor 200 Jahren, wurde Herzfeld geboren.
„Ludwig Herzfeld war ein überzeugter Liberaler“
„Ludwig Herzfeld war ein überzeugter Liberaler“, sagt Wolfgang D. Herzfeld, Ur-Urenkel des halleschen Ehrenbürgers. Der 77-Jährige aus der Nähe von Hamburg recherchiert seit vielen Jahren die Geschichte der weit verzweigten Familie, zu der unter anderem (durch Heirat) auch der Chirurg Karl-Ludwig Schober gehört, der an der halleschen Universität 1962 eine Herz-Lungen-Maschine entwickelt hatte.
Im Stadtarchiv hat der pensionierte Schuldirektor vor Kurzem noch einmal in Sachen kommunalpolitisches Engagement von Ludwig Herzfeld gestöbert und alte Zeitungen und Protokolle des Stadtverordnetenversammlung gelesen. Bei der Gelegenheit hat Herzfeld auch gleich versprochen, den Nachlass seines Ur-Urgroßvaters an das Stadtarchiv zu vermachen.
Verteidiger in den Sozialistenprozessen im Jahr 1888
Entgegen früherer Recherchen hat Herzfeld nun auch einen offensichtlichen Fehler in der - beispielsweise auf Wikipedia nachzulesenden - Biografie seines Vorfahren aufgedeckt: Ludwig Herzfeld soll sich angeblich als Verteidiger in den Sozialistenprozessen im Jahr 1888 einen Namen gemacht haben. „Das war jedoch sein Sohn Albert Herzfeld“, ist sich der Nachfahre sicher. Denn laut der halleschen Zeitungen hatte Wilhelm Liebknecht, Vater des Marxisten Karl Liebknecht, versucht,
Ludwig Herzfeld als Verteidiger zu werben, doch dieser lehnte ab. Stattdessen übernahm Albert Herzfeld, der mit seinem Bruder Wolfgang gemeinsam in der Kanzlei des Vaters arbeitete, die Aufgabe. „Später waren auch deren Söhne in der Sozietät Herzfeld tätig“, weiß Wolfgang D. Herzfeld. Außerdem hätte Ludwig Herzfeld das Mandat aus einem anderen Grund gar nicht wahrnehmen können: Am selben Tag des fraglichen Prozesses nahm er an einer Stadtverordnetenversammlung teil.
Die bewegte Lebensgeschichte des Ludwig Herzfeld
Die bewegte Lebensgeschichte des Ludwig Herzfeld, Sohn jüdischer Eltern, begann im schlesischen Guhrau. Nach dem Jurastudium in Berlin ließ er sich evangelisch taufen, denn sonst wäre ihm ein Eintritt in den preußischen Justizdienst verwehrt gewesen. 1846 beendete er seine Ausbildung als Assessor in Berlin. Als Anwalt und Notar ließ er sich im schlesischen Sprottau nieder.
Doch 1870, Herzfeld und seine Ehefrau Marie Clementine - die ihren jüdischen Glauben beibehielt - waren bereits Eltern von zehn Jungen und zwei Mädchen, erfolgte der Umzug nach Halle. „Herzfeld hatte seine Versetzung beantragt und Berlin ins Auge gefasst. Das wurde jedoch abgelehnt“, berichtet Wolfgang D. Herzfeld. Halle hatte jedoch eine freie Notarstelle zu bieten und zudem eine Universität, die eine gute Ausbildung für die Kinder ermöglichte.
Für die Großfamilie war es nicht leicht, eine Wohnung in Halle zu finden
Für die Großfamilie war es nicht leicht, eine Wohnung in Halle zu finden. In der Schimmelstraße wurden sie jedoch fündig. Später baute Herzfeld ein Haus in der Wilhelm-Külz-Straße 4, in dem er mit seiner Familie wohnte und auch seine Kanzlei untergebracht war. Heute steht das Haus nicht mehr, es wurde abgerissen.
››Wolfgang D. Herzfeld hält am Donnerstag, 12. September, ab 18 Uhr im Stadtmuseum (Große Märkerstraße 10) einen Vortrag über Ludwig Herzfeld. (mz)
