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100.000-Euro-Erbe an Tierheime 100.000-Euro-Erbe an Tierheime: Wer ist die geheimnisvolle Frau, die ihr Vermögen spendet?

Von Nicolas Ottersbach 28.01.2016, 17:18
Helferin Hildegard Bretnitz und ein Kater im Tierheim „Felidae“, das 27.000 Euro aus dem Erbe erhält.
Helferin Hildegard Bretnitz und ein Kater im Tierheim „Felidae“, das 27.000 Euro aus dem Erbe erhält. Nicolas Ottersbach Lizenz

Halle (Saale) - Liselotte Rößler hat keine Nachfahren, sie wird anonym auf dem Gertraudenfriedhof beerdigt. Als der Notar Monate später das Testament der alten Dame eröffnet, wird sie nach und nach zur Wohltäterin für den halleschen Tierschutz. Fast 55.000 Euro bekommt das städtische Tierheim durch ihr Erbe. Doch das Vermächtnis der Hallenserin, die am 1. Januar 2014 im Alter von 84 Jahren verstarb, ist noch viel größer. Sowohl der Kleintierschutzverein Felidae am Rosengarten, als auch der Katzenschutzverein Halle sind mit jeweils 27.000 Euro bedacht worden. Aber wer Liselotte Rößler war und warum sie die Tierheime ausgewählt hat, gibt Rätsel auf.

„Eins ist klar, es sichert unsere Existenz, denn wir müssen bald umziehen“, sagt Christine Kaiser vom Katzenhaus dankbar. Von dem Geld erfuhr sie erst vor wenigen Wochen. Zunächst war unklar, wer den Nachlass überhaupt erhalten würde. Rößler hatte als Haupterben ihren langährigen Nachbarn Jens-Uwe Ringleb eingesetzt. „Ich habe ihr oft geholfen und sie hat dafür auf meine Katze aufgepasst“, erzählt er. Davon, dass er sich um ihr Vermächtnis kümmern sollte, wusste er zunächst nichts. Während Ringleb ihre Habseligkeiten erhielt, verfügte sie zusätzlich, dass ein zehn Hektar großes Stück Land in Gröbzig bei Köthen dem Tierschutz zugute kommen sollte.

Rechtsanwälte mussten klären

„Die Formulierung war aber so ungenau, dass niemand wusste, wer exakt gemeint ist“, sagt Ringleb. Liselotte Rößler hatte zum einen das städtische Tierheim, zum anderen den Tierschutzverein „an der Halberstädter Straße“ genannt. Den gibt es aber seit 14 Jahren nicht mehr, weil er sich in das Katzenhaus und den Kleintierschutzverein in der Ottostraße aufgespalten hat. „Deshalb mussten Rechtsanwälte das klären und die Vereine sich einigen“, erklärt Christine Kaiser.

Dann verzögerte der Grundstücksverkauf den Erbfall. Bis zuletzt hatte Liselotte Rößler das Land an den Hof Pfaffendorf verpachtet, der es nun auch für mehr als 200.000 Euro erwarb. Da in der Erbengemeinschaft jedoch alle direkten Erben verstorben waren, musste nach weiteren Berechtigten geforscht werden. Die Familie Naumann aus Falkensee bei Berlin hatte ebenfalls keine Nachkommen und ihr Vermögen einer Nachbarin vermacht - die wiederum nichts davon wusste.

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„Dass ein Erbfall so lange dauert ist selten“, sagt Fritz Knorpp, Verwaltungsleiter des Bergzoos. Der Zoo betreibt auch das städtische Tierheim. Pro Jahr gebe es einen Fall, in dem jemand das Tierheim und den Zoo postum unterstützt. „Das ist für uns mitunter sehr belastend“, erzählt er. Denn oft sind die Mitarbeiter dann diejenigen, die die Haushaltsauflösung und die Abwicklung des Erbes übernehmen. Fritz Knorpp und Tierheim-Leiterin Jutta Heuer erinnern sich an einige Todesfälle, die ihnen besonders nahe gegangen sind. 2004 hatte sich eine Frau das Leben genommen.

„Sie hatte sich auf ihr Ableben vorbereitet, das konnte man an der Wohnung sehen“, erzählt Knorpp. 2009 ging es um 80.000 Euro für den Zoo, die allerdings an eine Verpflichtung gebunden waren: Knorpp und Heuer sollten altes Geschirr den ursprünglichen Besitzern zurückgeben, was zu detektivischer Arbeit wurde. Die Mutter der Verstorbenen hatte 1945 vor ihrer Flucht das Geschirr von Nachbarn erhalten. Die beiden konnten nur nach weiteren Nachfahren suchen, weil aus der alten Generation bereits alle verstorben waren. Doch zumindest war bekannt, warum sie ihr Hab und Gut vererbten.

Erinnerungen an „Fräulein Rößler“

Bei Liselotte Rößler ist das unklar. In den Tierheimen kennt sie niemand. „Dabei würde wir sie gerne mit einer Plakette würdigen“, sagt Christine Kaiser. Was Jens-Uwe Ringleb von Liselotte Rößler weiß, ist ebenfalls nicht viel. Ihre Mutter stammte aus Berlin, sie selbst wurde in einer Mietswohnung am Vogelherd in Halle geboren. 1929, kurz nach der Erbauung. „Sie hat ihr ganzes Leben hier verbracht, in jungen Jahren reiste sie viel und war im Westen unterwegs“, erzählt Ilse Ecke, die jahrzehntelang Rößlers Nachbarin war und sie bis kurz vor ihrem Tod besuchte und betreute.

An ihre erste Begegnung mit „Fräulein Rößler“, wie sie genannt werden wollte, kann sich die 73-Jährige noch gut erinnern: „Sie hatte das Hausbuch und empfing mich direkt an der Treppe, sie war resolut.“ An der Liebenauer Straße/Schönitzstraße betrieb sie bis zur Wende ein kleines Lädchen, das vor allem dafür bekannt war, begehrte Zigaretten besorgen zu können.

Was „Fräulein Rößler“ immer ausgezeichnet habe, sei ihre Tierliebe gewesen. „Sie kümmerte sich um all die Katzen, die hier herumliefen“, erzählt Ecke. Diese Tierliebe wird es wohl auch gewesen sein, die sie zu ihrem Erbe bewegt hat. (mz)

Unerwarteter Geldsegen: Das Tierheim bekommt aus dem Vermächtnis einer Hallenserin erhält 51.000 Euro.
Unerwarteter Geldsegen: Das Tierheim bekommt aus dem Vermächtnis einer Hallenserin erhält 51.000 Euro.
Silvio Kison Lizenz