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Grünkohl in Gräfenhainichen Grünkohl in Gräfenhainichen: Dessauer übernimmt die Macht

Von Ulf Rostalsky 26.11.2018, 13:13
Grünkohl war angesagt- auch bei Bürgermeister Enrico Schilling.
Grünkohl war angesagt- auch bei Bürgermeister Enrico Schilling. Klitzsch

Gräfenhainichen - Der Kohl hat seinen neuen König. Am Samstag wurde Klaus-Lothar Bebber vom Vorstand der Gräfenhainichener Mittelstandsvereinigung (MIT) und den bisherigen Majestäten zum 18. Anhaltiner Grünkohlkönig gewählt. Die Entscheidung im Schacht „Barbara“ ist nicht ohne.

„Ein Dessauer übernimmt die Macht in Gräfenhainichen“, tönt Bebber. Da hat er die Sprachlosigkeit des ersten Moments überwunden. Der redselige und nicht gerade leise Unternehmer aus der Autobranche war kurzzeitig still geworden. „Mit allem habe ich gerechnet. Nur mit meiner Wahl nicht.“ Aus seiner Freude macht der Muldestädter keinen Hehl. „Ich liebe Grünkohl. Ich bin gern König.“

Dass seine Amtszeit auf ein Jahr begrenzt ist, stört nicht. Spaß muss mitbringen, wer als Zeichen der Macht über das derbe Gemüse einen stattlichen Rinderunterkieferknochen mit einer Kette um den Hals gehängt bekommt. Bebber testet das Schmuckstück. Alles ist schick. „Nur die Zähne wackeln bisschen.“

Ärmel hochkrempeln, selbst anpacken und verbal in die Offensive gehen. Das ist die Lebensart des 66-Jährigen, der seit Jahren kein Grünkohlessen verpasst hat. Bei der MIT und im Schacht fühlt er sich wohl. Kein Wunder. Bis zur Wende arbeitete er selbst im Bergbau.

„In Bitterfeld, im Braunkohlenkombinat.“ Lange her und trotzdem die Basis für ausgelassenen Frohsinn. Die Grünkohlkönige sind wie ihr Gemüse: Speziell, mit ganz eigener Note und bei ordentlicher Behandlung ein Leckerbissen.

„Unsere Könige müssen den Grünkohl lieben und auch essen“, erinnert Gräfenhainichens MIT-Chef Harald Kremer. Er war der Jubiläumskönig. 2010 bekam er als zehnte Majestät den Knochen um den Hals gehängt. Er sang damals ein Hohelied auf das Gemüse: Etwas schräg und doch von ganzem Herzen. „Wir wollen Spaß haben und das Gemeinschaftsgefühl ausleben“, sagt Kremer über die Königsmacher aus der Heide.

Die Idee, Grünkohl zum Maß der Dinge zu machen, stammte von Herbert Gandyra. Der Niedersachse ging in Zschornewitz nicht nur mit einem Bildungsunternehmen an den Start. Er machte sich auch stark für den Grünkohl, dessen erster König Harald Müller wurde.

Klaus-Lothar Bebber ist die Majestät. Ein König, der sich nicht mit Vorgängerin Martina Schön vergleichen will. „Jeder macht sein Ding. Mir wird auch was einfallen.“ Martina Schön hatte das Finale ihrer Amtszeit zur klaren Botschaft genutzt. Sie habe den Samen des Grünkohls in der Welt verteilt. Auch während des Urlaubs in Singapur. Ob die Saat aufgehe, müsse man sehen, so die Zschornewitzer Ortsbürgermeisterin. Eines habe sie im Garten aber schon entdeckt.

Während Magier Eberhard Baur im Rahmenprogramm Jungfrauen schweben ließ und Kaninchen hervorzauberte, sinnierte Bebber über das Gemüse. „Fett, Bauchspeck müssen dran. Das gibt die richtige Note.“ Gezupft mag der König den Kohl. Nicht geleiert? „Niemals“. Die Aussage ist eine Steilvorlage für kommende Auseinandersetzungen.

Grünkohlkönige haben mit Vorliebe, Ausdauer und reichlich Augenzwinkern immer wieder darüber debattiert, wie das Gemüse nun am besten schmeckt. Jutta Gawollek gehört zu denen, die es fein mögen und deshalb privat immer kräftig am Fleischwolf drehen. Auch Günter Dobritzsch ist Querdenker. Beim dritten König kommt zu Hause nur Geleiertes auf den Tisch. Und schmeckt der gezupfte Kohl im Schacht? „Klar doch. Grünkohl geht immer.“

Das Hohelied auf das derbe Gemüse ist in Gräfenhainichen noch nicht zu Ende gesungen. „Wir machen weiter“, sagt Rechtsanwältin Petra Kuhnert. Sie hat bei einer privaten Reise im Norden den amtierenden Grünkohl-Vizeweltmeister getroffen. „Der sollte mal zu uns kommen. Das wäre ein echter Kracher.“

(mz)

Magier Eberhard Bauer ließ eine junge Frau schweben.
Magier Eberhard Bauer ließ eine junge Frau schweben.
Klitzsch
Klaus -Lothar Bebber darf nun auch das Ungetüm von Knochen tragen, das ihn als Grünkohlkönig auszeichnet. Damit hat ein Dessau-Roßlauer die Ehre in Gräfenhainichen.
Klaus -Lothar Bebber darf nun auch das Ungetüm von Knochen tragen, das ihn als Grünkohlkönig auszeichnet. Damit hat ein Dessau-Roßlauer die Ehre in Gräfenhainichen.
Thomas Klitzsch