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Vor 80 Jahren Vor 80 Jahren: Altes Wahrzeichen in Eisleben musste weichen

Von Burkhard Zemlin 01.11.2016, 16:00
Das Gehöft der Preußischen Mühle in Eisleben im Winter 1920. Heute treffen hier die Friedens- und die Fritz-Wenck-Straße aufeinander.
Das Gehöft der Preußischen Mühle in Eisleben im Winter 1920. Heute treffen hier die Friedens- und die Fritz-Wenck-Straße aufeinander. Archiv/Peter Lindner

Eisleben - Vor 80 Jahren waren in Eisleben die Tage der alten Preußischen Mühle unweit des Rammberges gezählt. Das Anwesen, dessen Name an „eine Zeit deutscher Kleinstaaterei erinnert“, wie das Eisleber Tageblatt im November 1936 schrieb, stand einer Bergmannssiedlung der Mansfeld AG im Weg, deren Häuser heute die Fritz-Wenck-Straße säumen.

Siedlungsbau mit 13 Häusern wurde 1935 angefangen

Der Bau der Siedlung war im Sommer 1935 begonnen worden; insgesamt 13 Häuser mit 52 Wohnungen sollten zwischen der Preußischen Mühle und dem Tal der Bösen Sieben entstehen, wobei eine Einbeziehung des eher unscheinbaren Mühlengehöftes nie zur Debatte stand. Es wurde als Hindernis angesehen, das beseitigt werden musste.

„Wenn auch ein Stück Heimatgeschichte um diese Stätte lebendig war, so trauert doch niemand der Preußischen Windmühle nach, denn bald wird an ihrer Stelle ein anderes Denkmal erstehen, ein Denkmal, das einst Kunde gibt von geeinigter Kraft und gemeinschaftsbildender Tat“, so das Tageblatt nach dem Abriss und ergänzte: „Nur wenige Mauerreste verraten noch die Stelle, wo sie einst stand. Bald aber werden auch die letzten steinernen Zeugen davon verschwunden sein.“

Oberbürgermeister Ernst Heinrich hatte am 2. November 1936 die Öffentlichkeit davon in Kenntnis gesetzt, dass der Abriss in Kürze beginnen werde, wobei er darauf hinwies, dass noch die Möglichkeit zum Fotografieren „für geschichtliche Zwecke“ besteht.

Wo die Mühle gestanden hat? Heimatforscher Peter Lindner: „Etwa in der Spitze Ecke Fritz-Wenck-Straße/Friedensstraße, wo der Weg zur Hüneburg, Am Holweg genannt, abzweigt. Dieses Gelände mit den Siebenhitzen war noch Anfang des 19. Jahrhunderts brandenburg-preußischer Besitz, während Eisleben bekanntlich zum Kurfürstentum Sachsen gehörte.“ Das erklärt, weshalb man im sächsischen Eisleben von einer preußischen Mühle sprach.

Die Geschichte der Mühle, die seit altersher zu Helfta gehörte, reicht jedoch viel weiter zurück. Bereits auf dem Grabgemälde des Hüttenfaktors Jakob Heidelberg von 1561, das im Hintergrund Teile der Stadt zeigt, ist etwa in Höhe des Rammberges eine Windmühle zu sehen.

„Mühlen und Müller in der ehemaligen Grafschaft Mansfeld, den späteren Kreisen See- und Gebirge und einigen angrenzenden Orten“, ist der Titel des Buches, in dem Peter Lindner seine in den Jahren 2007 bis 2012 unternommenen Forschungen auf diesem Gebiet zusammengefasst hat. Dort schreibt er unter anderem, dass in den 1870er Jahren von den zehn Windmühlen um Eisleben allein fünf zur Neustadt gehörten. Vier standen auf dem Mühlplatz und die fünfte an der oberen Kreisfelder Gasse. Eine weitere befand sich in der Katharinenstraße, eine dort, wo heute in der Hohetorstraße die Helios-Klinik steht, und zwei an der Saarbrücker Straße. Die zehnte war die Preußische Windmühle auf Helftaer Flur fernab von befestigten Straßen. Ihren ungefähren Standort markiert heute eine Trauerweide in der oberen Fritz-Wenck-Straße. (bz)

1725 berichtete der Chronist Eusebio Francke: „Über dem Rammberge stehet eine Windmühle, welche vor diesen an besagten Berge auf einem erhabenen Hügel gestanden, aber wegen schwachen Windes an den Ort gebracht worden, wo sie bis jetzo zu sehen. Zur linken Hand lieget die so genannte Siebenhitze, so auch Neu-Helfta genennet wird.“

1787 wird im Helftaer Kirchenbuch der Besitzer der Preußischen Windmühle bei Eisleben, Meister Johann Friedrich Türke erwähnt. „Er war der erste mir bekannte Müller, der dieser Mühle zugeordnet werden kann“, schreibt Peter Lindner in seiner Geschichte der Mansfelder Mühlen und fügte hinzu: „In der Mitte des 19. Jahrhunderts gehörte die Mühle dem Windmüller Christian Christoph Kluge.“

Dessen Enkel Kurt Kluge (1886-1940) wurde als Bildhauer und Schriftsteller bekannt, insbesondere als Autor des Romans „Der Herr Kortüm“.

Mühle brannte im Jahr 1868 ab

Christian Kluges Schwiegersohn, der Müller und Bäcker Eduard Seidler, erwarb 1858 die Mühle, zehn Jahre später brannte sie nieder. „Der damalige Besitzer, der Müller H. Schütze, verkaufte 1869 die zur preußischen Windmühle gehörigen Gebäude“, so Lindner und fügte hinzu, dass der Käufer, der Spediteur Werther aus der Geiststraße, die früher zur Mühle gehörigen Gebäude (Wohnhaus, Scheune, Ställe und Garten) am 12. Oktober 1872 zum Verkauf anbot. 1936 schließlich wurde das Grundstück von der Stadt erworben. (mz)

Etwa hier stand einst die Preußische Mühle.
Etwa hier stand einst die Preußische Mühle.
Lukaschek