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Denkmalgeschütztes Gebäude Neues Leben in der St.-Gertrud-Kirche in Eisleben - der neue Förderverein legt los

Nach einem ersten Arbeitseinsatz an der alten St.-Gertrud-Kirche in Eisleben haben sich Bau- und Denkmalfachleute ein Bild vom Zustand des denkmalgeschützten Gebäudes verschafft.

Von Jörg Müller 19.04.2024, 18:00
Die Stadt hat Ende der 1990er Jahre das Dach der Gertrudkirche neu decken lassen.  Auch eine Schwammsanierung hat stattgefunden.
Die Stadt hat Ende der 1990er Jahre das Dach der Gertrudkirche neu decken lassen. Auch eine Schwammsanierung hat stattgefunden. (Foto: Jürgen Lukaschek)

Eisleben/MZ. - Der im Februar gegründete Förderverein „St.-Gertrud-Kirche – Nicolaiviertel“ in Eisleben legt los. Vor wenigen Tagen hat es einen ersten großen Arbeitseinsatz auf dem Kirchengelände in der Nicolaistraße gegeben, an dem sich rund 40 Vereinsmitglieder und Bürger sowie 25 Schülerinnen und Schüler der Katharinenschule beteiligt haben.

„Das war eine tolle Aktion“, sagt Vorsitzende Ute Klopfleisch, die sich sehr über die große Resonanz freut. Die Teilnehmer hätten rund um die Kirche aufgeräumt und viel Unrat und Müll entsorgt. Auch die Zahl der Mitglieder ist bereits von zehn bei der Gründung auf 28 gestiegen.

Der Förderverein will das ehemalige katholische Gotteshaus, das seit vielen Jahren leersteht, denkmalgerecht sanieren und als Ort für Begegnung, Kultur, Veranstaltungen und Vereine nutzen.

Ute Klopfleisch (Verein), Sven Kassik (Stadt), Restauratorin Linda Pfeiffer und Anja Tietz vom Landesamt (von links).
Ute Klopfleisch (Verein), Sven Kassik (Stadt), Restauratorin Linda Pfeiffer und Anja Tietz vom Landesamt (von links).
(Foto: Jörg Müller)

Im Volksmund als „Muskelkirche“ bekannt

Um Fördermittel für die Sanierung beantragen zu können, muss zunächst der bauliche Zustand untersucht und der Restaurierungsaufwand ermittelt werden. In einem Ortstermin haben sich jetzt Vertreter des Vereins und der Lutherstadt Eisleben, Anja Tietz vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie, der Hettstedter Architekt Oliver Flügel, Restauratorin Linda Pfeiffer vom Atelier Peter Schöne in Halle sowie Tischlermeister Reiner Kretschmann aus Hettstedt ein erstes Bild verschafft.

Eigentümerin des Gebäudes ist die Stadt Eisleben. Nach dem Bau der neuen Gertrudkirche war die alte Kirche entweiht worden und 1918 zunächst per Versteigerung in den Besitz der Mansfeldschen Gewerkschaft übergegangen.

Danach müsse die Stadt das ehemalige Gotteshaus offenbar von der Gewerkschaft gekauft haben, so Klopfleisch. „Im Stadtarchiv ist dazu nichts Näheres zu finden.“ Auf jeden Fall habe es dann 1927 Pläne der Stadt gegeben, die Kirche umzubauen und als Zeichensaal und Aula für die Mittelschule am Rühlemannplatz zu nutzen.

Das zugemauerte Chorfenster
Das zugemauerte Chorfenster
(Foto: Jörg Müller)

In den 1950-er Jahren mietete sich die Neuapostolische Gemeinde für circa fünf Jahre in der Kirche ein. Später wurde sie als Turnhalle unter anderem von der Kommunalen Berufsschule und weiteren Sportgruppen genutzt, weshalb sie im Volksmund noch als „Muskelkirche“ bekannt ist.

Keine Bauunterlagen vorhanden

Leider gibt es bislang kaum Erkenntnisse zur originalen Ausgestaltung der Gertrudkirche. „Wir haben keine Bauunterlagen“, sagt Gebietsreferentin Tietz vom Landesdenkmalamt. Vereinsvorsitzende Klopfleisch, die bei ihren bisherigen Recherchen ebenfalls nur wenig gefunden hat, will noch einmal beim katholischen Bistum Paderborn nach eventuell noch vorhandenen Unterlagen fragen.

Laut Denkmalverzeichnis haben die Architekten Fiedler & Nasemann den neugotischen Saalbau aus rotem Sandstein entworfen. Der Turm, der im Norden steht, habe einen steilen und „stadtbildprägenden“ Spitzhelm getragen, der aber verloren gegangen und durch ein flaches Pyramidendach ersetzt worden sei. Unklar ist, wann und warum das außen erkennbare große Chorfenster zugemauert worden ist.

Reste alter Ausmalung

Die auf einer Seite des Kirchenschiffs erhaltenen Fenster stammen laut Tietz wahrscheinlich aus den späten 1920-er Jahren. Nur noch rudimentär vorhanden ist die Orgelempore, die nach den Vorstellungen des Vereins wiederhergestellt werden soll.

Interessant sind die Reste einer alten Ausmalung, die im Chor unter der abblätternden Wandfarbe zu erkennen sind. Die Stadt und das Landesdenkmalamt wollen sich nun zunächst über eine restauratorische Voruntersuchung und Bestandserfassung verständigen.

Reste der Ausmalung
Reste der Ausmalung
(Foto: Jörg Müller)
Reste der Ausmalung
Reste der Ausmalung
(Foto: Jörg Müller)

Auf dieser Basis sollen die möglichen Sanierungs- und Baukosten ermittelt werden. Dabei spielt natürlich auch das Nutzungskonzept des Vereins eine wichtige Rolle.

Geplant ist, dass die Stadt Eigentümerin bleibt und mit dem Verein eine Nutzungsvereinbarung abschließt. Um die Baumaßnahmen zu finanzieren, sollen Fördermittel beantragt und Spenden eingeworben werden. Der Verein hat sich auch im Wettbewerb „Revierpionier“ um Unterstützung für geplante bürgerschaftliche Projekte und Aktionen beworben.

Kontakt zum Verein per E-Mail an: [email protected]