1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Eisleben
  6. >
  7. Mansfeld-Südharz: Mansfeld-Südharz: Die meisten rufen ihn nur «Hemmel»

Mansfeld-Südharz Mansfeld-Südharz: Die meisten rufen ihn nur «Hemmel»

Von WOLFRAM BAHN 03.09.2010, 16:37

EISLEBEN/MZ. - Werner Peter hat nichts mit Fußball am Hut. Und das obwohl er so heißt wie ein früherer HFC-Stürmer, der es sogar bis in die DDR-Nationalmannschaft geschafft hat. Doch seinen richtigen Namen kennen ohnehin nur die wenigstens. Dafür wissen besonders die Älteren sofort wer gemeint ist, wenn von "Hemmels" rechter Hand die Rede ist. Denn der heute 66-jährige Renter ist seit nunmehr einem halben Jahrhundert in der Rossschlächterei Lüttich beschäftigt, die gerade zu DDR-Zeiten weit über die Grenzen von Eisleben einen fast legendären Ruf besaß.

"Ich bin für viele einfach der Hemmel", sagt Werner Peter, dem dabei ein Lächeln übers Gesicht huscht. Der Name "Hemmel" geht auf Wilhelm Lüttich zurück, der seine Pferdehandlung mit Rossschlächterei und Gasthaus im Jahre 1915 in der Badergasse in Eisleben eröffnete. Dort, wo das Familienunternehmen, das 1855 in Hettstedt gegründet worden war und später nach Eisleben wechselte, noch immer angesiedelt ist und das bei den Alteingesessenen nach wie vor "Hemmels" heißt.

Und noch immer kann man dort Pferdewurst kaufen oder sich eine Pferdebockwust schmecken lassen. Und das nach einem Hausrezept, das natürlich nicht verraten wird. Verarbeitet wird das Pferdefleisch von Werner Peter, der allerdings etwas kürzer tritt, seitdem er Rentner geworden ist und die Arbeit schwerer fällt. "Aber er gehört einfach zu unserer Familie und da hilft man sich gegenseitig", sagt Christiane Rautenberg, eine von vier Lüttich-Schwestern, die nunmehr in vierter Generation die Speisegaststätte führt.

Dabei war es eher Zufall, dass Werner Peter den Beruf des Fleischers erlernt hat. Als 16-jähriger Schüler der Grabenschule traf er im einem Reitstützpunkt auf Gisela Lüttich, die ihm den Job schmackhaft machte. Also begann er vor 50 Jahren seine Lehre bei Giselas Vater Kurt Lüttich, der das Geschäft nach dem Krieg übernahm.

Anfangs habe es ihn schon Überwindung gekostet, ein Pferd zu schlachten, räumt Werner Peter unumwunden ein. Er habe sich dann mit der Zeit "reingekuddelt", schließlich werden auch andere Haustiere geschlachtet und keiner störe sich daran. Zum Reiten ist er nach der Lehre nicht mehr gekommen. Rund um die Uhr lief das Geschäft und schnell war Werner Peter zur rechten Hand seines Lehrmeisters "Hemmel" geworden.

Damals standen die Leute noch Schlange vor Lüttichs Gaststätte in Eisleben. "Heute ist die Gastronomie eher ein schwieriges Geschäft", gibt Christiane Rautenberg unumwunden zu. Seit 1999 führt sie die Gaststätte mit dem kleinen Verkaufsladen. Spätestens als ihr Vater Kurt im Jahre 1968 starb, war Werner Peter für das Familienunternehmen unentbehrlich geworden. "Er ist wie ein Bruder von uns", drückt sie das aus, was auch die anderen Schwestern denken.

Geschlachtet hat Werner Peter seit fünf Jahren nicht mehr. Damals musste das Schlachthaus, das nach einem Brand im Jahre 1991 saniert worden war, einem Bauprojekt der Lutherstiftungen weichen. Das Pferdefleisch, das gesünder als Schwein ist und besonders für Diabetikern geeignet sein soll, bezieht man seither woanders her.

Auch sonst geht die Tradition der Eisleber Rossschlächterei ihrem Ende entgegen. In sechs Jahren geht Christiane Rautenberg in Rente. "Dann schließen wir alle gemeinsam den Laden zu", kündigt sie mit Wehmut in der Stimme an.