Interview zum Jubiläum in Rothenschirmbach Interview zum Jubiläum in Rothenschirmbach: Die Autobahnkirche feiert Geburtstag

Rothenschirmbach - Die Autobahnkirche in Rothenschirmbach wurde am 11. Juni 2006 feierlich durch den damaligen Bischof Axel Noack eröffnet. An diesem Wochenende wird das gefeiert. Wie es ist, Pfarrer einer Autobahnkirche zu sein, was sich in den vergangenen zehn Jahren in der Kirche selbst und im Gemeindeleben verändert hat, darüber sprach MZ-Redakteurin Beate Thomashausen mit Pfarrer Wolfgang Stengel.
Wer hatte die Idee, aus der Rothenschirmbacher Kirche ein Autobahnkirche zu machen?
Wolfgang Stengel: Die Idee wurde im Gemeindekirchenrat der Kirchgemeinde geboren. Damals war die Autobahn A 38 gerade im Bau und Rothenschirmbach sollte Anschlussstelle werden. Autobahnkirchen gab es ja schon an anderen Autobahnen und so mancher hatte schon einmal in einer solchen Kirche eine Rast gehalten und dort Ruhe gefunden und ein stilles Gebet sprechen können. So waren wir uns schnell einig: die Rothenschirmbacher Kirche soll Autobahnkirche werden. Nachdem alle Anträge von kirchlichen und staatlichen Behörden genehmigt worden sind, eröffnete der damalige Bischof Axel Noack am 11. Juni 2006 feierlich die Autobahnkirche.
Es gibt in Rothenschirmbach einen Förderkreis Autobahnkirche. Wofür ist der verantwortlich?
Stengel: Eine offene Kirche braucht Menschen, die sie betreuen und für die geregelte Öffnung sorgen. Und so gründete sich der Förderkreis schon am 29. September 2005. Bis dahin war die Kirche nur zu Gottesdiensten zugänglich, sonst waren ihre Türen verschlossen. Dank des treuen Einsatzes des Förderkreises kann die Autobahnkirche regelmäßig und zuverlässig ihre Türen öffnen und zwar täglich von 8 Uhr bis 18 Uhr. Die Aktivitäten der Mitglieder beleben das Kirchengebäude auf vielfältige Weise:
Die Besucher freuen sich über einen liebevoll und einladend gestalteten Kirchenraum und finden hier innere Ruhe.
Gab es damit schon mal Probleme, dass die Kirchentüren jedermann offen stehen?
Stengel: Die tägliche Öffnung war anfangs natürlich mit Ängsten verbunden: Laden wir nicht auch ein zu Vandalismus oder Diebstahl? Doch in den 10 Jahren offene Kirche gab es keine nennenswerten Zwischenfälle. Das liegt sicher auch daran, dass die Einwohner das Projekt Autobahnkirche akzeptieren und dahinter stehen.
Was waren besondere Höhepunkte in zehn Jahren Autobahnkirche?
Stengel: Ich denke gern an die drei Gottesdienste zum Valentinstag zurück. Jedes Mal war ich beeindruckt, dass so viele Leute diesen Gottesdienst zum Thema Liebe besuchen - und das bei kaltem Winterwetter und hohem Schnee auf der Straße. Das zeigt mir, wie sehr sich Menschen nach Geborgenheit und Liebe sehnen und sich Erfüllung in einer verlässlichen Partnerschaft wünschen. Und sie wissen: Sie ist ein Geschenk des Himmels, das man nicht machen oder kaufen kann. Auch die Eröffnungen wechselnder Bilderausstellungen in der Kirche waren sehr eindrücklich: Von kunstgewerblichen Arbeiten über Kinderzeichnungen und Mangakunst bis hin zu Malerei und Fotografie verschiedener Künstler - die Kunst ist für mich immer ein Mittel das Unsagbare auszudrücken und hat damit viel mit dem Glauben an Gott gemeinsam.
Besondere Begegnungen und Begebenheiten
Gab es in der Autobahnkirche besondere Begegnungen und Begebenheiten, die es so nur dort geben kann?
Stengel: Im vorigen Jahr nutzte ein Kinder- und Jugendchor die Kirche für eine Rast auf einer Konzertreise - und gab bei dieser Gelegenheit gleich ein Konzert. Hin und wieder meldet sich eine ganze Kirchengemeinde an: auf unserem Gemeindeausflug möchten wir in der Autobahnkirche eine Reiseandacht feiern, dann feiert die kleine Gottesdienstgemeinde aus Rothenschirmbach mit.
Hat sich Rothenschirmbach verändert, seit es die Autobahnkirche gibt?
Stengel: Ich sagte es schon: Die Einwohner des Ortes begrüßen die Einrichtung der Autobahnkirche in ihrem Ort. Sie sehen: Immer wieder stehen Autos vor der Kirche mit Kennzeichen aus vielen Bundesländern. Und damit nehmen sie ihre eigene Kirche auch als eine Besonderheit wahr. Sie zeigen ihre Kirche, wenn Verwandte zu Besuch kommen. Alle - Ortsbürgermeister, Gemeinderäte, die Vereine und Firmen, der Kindergarten mit seinen Projekttagen und nicht zuletzt die Stadt Eisleben mit unserer Oberbürgermeisterin Jutta Fischer sehen in der Autobahnkirche einen besonderen Ort im Sinne des Miteinanders der Menschen vor dem Hintergrund des christlichen Glaubens. Das wird besonders deutlich an unserem Jubiläumsfest: Das feiern wir gemeinsam mit der Kita des Ortes, mit der Feuerwehr, dem Verein „Wir für Rothenschirmbach“ und der Unterstützung durch die Pfingstburschen. Und aus Osterhausen kommt die Kindertanzgruppe und die Kampfkunstschule, der Frauenchor und der Flötenkreis der Kirchgemeinde. Über soviel Miteinander kann man sich nur freuen. Die Kirche trägt nicht zuletzt zur Bekanntheit des Ortes als „Tor“ zur Lutherstadt Eisleben bei. Ja, man kann sagen: die Autobahnkirche ist eines der Aushängeschilder geworden.
Hat sich die Kirche selbst verändert?
Stengel: Ich denke ja, sie ist als offene Kirche ihrer eigentlichen Bestimmung näher gekommen: Kirche soll nicht im eigenen Saft schmoren, sondern immer Kirche für andere Menschen sein.
Was ist am Festwochenende geplant?
Stengel: Am Freitagabend, 19.30 Uhr, gibt es ein festliches Kirchenkonzert mit Astrid Harzbecker in der Autobahnkirche. Der Samstag gehört den Kindern und Familien. Die Kindertagesstätte und die Kinderfeuerwehr organisieren ab 14.15 Uhr ein buntes Fest mit Tanz, Basteln, Wettspielen, Kaffee und Kuchen und Grillwürstchen am Abend. Am Sonntag, 14 Uhr, feiern wir den Kirchspielgottesdienst zum zehnjährigen Bestehen der Autobahnkirche mit dem Propst Johann Schneider und der Kantorei Querfurt. 15 Uhr wird eine Ausstellung eröffnet, in der Malerei und Grafik des Kunst- und Kulturvereins Gersdorf zu sehen ist. Mit einem Konzert mit dem Gospelchor Benndorf um 16.30 Uhr, klingt das Festwochenende aus. (mz)
