1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Eisleben
  6. >
  7. Heimatgeschichte: Heimatgeschichte: Vor 130 Jahren bekam der Männerturnverein Eisleben eine neue Halle

Heimatgeschichte Heimatgeschichte: Vor 130 Jahren bekam der Männerturnverein Eisleben eine neue Halle

Von Burkhard Zemlin 17.10.2016, 12:56
Festzug des Männerturnvereins durch Eisleben im Sommer 1913, als der Verein sein 50-jähriges Bestehen feierte. Von der Einweihung der Turnhalle 1886 ist kein Bild überliefert.
Festzug des Männerturnvereins durch Eisleben im Sommer 1913, als der Verein sein 50-jähriges Bestehen feierte. Von der Einweihung der Turnhalle 1886 ist kein Bild überliefert. Archiv Peter Lindner

Eisleben - Am 16. und 17. Oktober 1886 bestimmten in Eisleben die Mitglieder und Freunde des hiesigen Männerturnvereins (MTV) das Bild. Die Turner feierten die Fertigstellung ihrer Sporthalle, die am Rande des Schulplatzes errichtet worden war, dem heutigen Carl-Rühlemann-Platz.

Eigentlich wollte der Verein ja schon am 1. Oktober Einzug halten, doch wegen der in Eisleben und Umgebung stattfindenden General-Kirchen-Visitation musste der Termin zweimal verschoben werden. Vielleicht ein Grund, um nun besonders kräftig auf die Pauke zu hauen, zwei Tage lang.

Abschied vom Schlossplatz

Am Sonnabend, 16. Oktober, versammelten sich die MTV-Mitglieder auf dem Hof hinter der Schule am Schlossplatz, um von der ehemaligen Reithalle Abschied zu nehmen, in der sie bislang das Gastrecht des Gymnasiums genossen hatten.

Der Innenraum der Turnhalle umfasst eine Fläche von 22 mal 12 Metern, an den sich ein Anbau mit drei Kammern für die Turngeräte anschließt. Die Geräte wurden in der Berliner Turngerätefabrik A. Buczilowsky hergestellt und angesichts ihrer soliden Konstruktion allgemein gelobt. „Die Halle wird bei Bedarf durch Gaslicht erleuchtet und im Winter durch 2 große eiserne Öfen erwärmt“, ist in der „Festschrift zum 18. Kyffhäuser Gauturnfeste und 25jährigen Stiftungsfest des Männerturn-Vereins zu Eisleben am 11., 12. und 13. August 1888“ zu lesen.

Sie teilt auch mit, dass die Vorarbeiten für den Hallenbau im Herbst 1885 auf Initiative des Stadtrates Otto Fiedler begannen. Dieser erwarb für den Verein das Grundstück Anstaltstraße 9, dessen Garten an den Hof der I. Bürgerschule grenzt. Am 19. Juni 1886 fand hier die Grundsteinlegung statt. (mz)

Danach zogen sie unter den Klängen von Marschmusik zum „Mansfelder Hof“, wo die Feierlichkeiten bis in die Nacht gedauert haben dürften. „Den Höhepunkt erreichte die Festesfreude durch das Erscheinen der 19 Leipziger Turngenossen, welche noch mit dem letzten von Halle hier einlaufenden Zuge gekommen waren, um unter den zahlreich erwarteten Gästen die ersten zu sein“, steht in der Chronik des Vereins, und dass sich tags darauf, 11 Uhr, ein festlicher Zug zur I. Bürgerschule in Bewegung setzte. „Freudig und doch zugleich ernst gestimmt sahen wir hier unsere stattliche Turnhalle im schönsten Festesschmucke prangend vor uns stehen“, berichtet der Vereinschronist und vermerkt, dass die zahlreichen Gäste mit „Herrn Kreisschulinspektor Superintendent Rothe“ an der Spitze Beifall klatschten, als Maurermeister A. Aernecke dem Vereinsvorsitzenden Otto Fiedler die Schlüssel übergab.

Dieser reichte sie sogleich an den Turnwart Buchbindermeister Franz Stoye weiter, der die Türen öffnete. „Das Innere der Halle war reich mit Emblemen, Girlanden, Wappen pp. geschmückt und machte so einen überaus freundlichen und anheimelnden Eindruck auf die Eintretenden“, so der Chronist, der auch etwas vom Geist der Zeit vermittelt, der vor 130 Jahren in Eisleben herrschte.

„Will ein Volk seine Selbständigkeit wahren, so muß es wehrhaft sein, muß die Waffen führen können“, sagte Louis Schulze, Vertreter des Kyffhäuser Turngaus und Lehrer an der Freischule neben Luthers Geburtshaus, damals in seiner Rede und rief aus: „Stimmet alle ein: Gut Heil, der deutschen Turnerei! Gut Heil, dem deutschen Vaterlande! Gut Heil, unserer lieben Stadt Eisleben!“ Die Versammelten stimmten begeistert ein, worauf Bürgermeister Adalbert Welcker dem Verein Glückwünsche zur Einweihung der Sportstätte übermittelte und Kreisschulinspektor Superintendent Rothe den Wert der neuen Halle für den Turnbetrieb an den städtischen Schulen unterstrich.

Fünfkampf im „Mansfelder Hof“

Auch der Leipziger Turnverein überbrachte gute Wünsche. „Solche waren ferner aus Amsterdam, Köln, Neuss und Plauen eingetroffen“, steht in der Chronik. Esfand ein Festzug der 18 Vereine statt. Insgesamt „etwa 450 Turner mit 16 Fahnen und und zwei Musikchören“ marschierten durch die Stadt, angeführt von 18 Jungfrauen.

Im Mansfelder Hof gab es erstmals einen Wettbewerb im alt-griechischen Fünfkampf. Die Aktiven maßen sich „im Weitspringen mit Hanteln, Speerwerfen, Steinstoßen, Wettlaufen und Ringkampf“, Sieger: war Rudolf Hofmann aus Eisleben. (mz )

Mitglieder des MTV vor ihrer Turnhalle, etwa um das Jahr 1910.
Mitglieder des MTV vor ihrer Turnhalle, etwa um das Jahr 1910.
 Archiv Peter Lindner